| Allianz der Ausgegrenzten? Was Ostdeutsche und Migrant*innen verbinden könnte

Gespräch mit Naika Foroutan

In Ihrer Forschung vergleichen Sie Diskriminierungserfahrungen von Ostdeutschen und Muslim*innen. Wie kam es dazu?

Meine Kolleg*innen und ich haben beobachtet, dass bestimmte Stereotype, die seit Jahrzehnten gegenüber Ostdeutschen etabliert sind, auch über Muslim*innen geäußert werden, etwa der Vorwurf einer »Opferhaltung«. Uns fiel außerdem auf, dass viele Ostdeutsche von Erfahrungen berichten, die denen von Migrant*innen ähneln: das Gefühl des Heimatverlusts und der Fremdheit, das Erinnern an vergangene Sehnsuchtsorte, das fehlende Angekommensein und vor allem die Abwertung.
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| Klassenverhältnisse nach einem Jahr Pandemie

Von Thomas Sablowski

Die Coronakrise trifft die Arbeiter*innenklasse am härtesten und verstärkt räumliche wie soziale Spaltungen.

Die bisher vorliegenden statistischen Daten zeigen schon jetzt sehr deutlich, dass sich die soziale Ungleichheit im Zuge der Coronakrise weiter verschärft. Einen detaillierten Blick auf die Krisenentwicklung und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Vermögen und Einkommen zu werfen, ist unerlässlich für die Entwicklung linker Strategien. Auch wenn härtere Verteilungskämpfe erst nach der Bundestagswahl mit der dann zu verhandelnden Staatsverschuldung zu erwarten sind, ist heute schon absehbar, wer zum Verlierer und wer zum Gewinner diese Krise werden wird. Nur wenn wir die Verschiebungen und Kontinuitäten in den KLassenverhältnissen in Deutschland in der Pandemie verstehen, kommen mögliche Ansätze für linke Politik, für Intervention und Organisierung in den Blick.
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| Unser Lebensrecht ist nicht diskutierbar!

Von Florian Grams

Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen in der Pandemie

In der Pandemie erleben Menschen mit Behinderungen einmal mehr, dass ihre Teilhabe verweigert und ihr Lebensrecht in Frage gestellt wird. Hinter dem schönen Versprechen der Inklusion lebt eine utilitaristische Ideologie fort, die tief in unserem Wirtschaftssystem verwurzelt ist. 

Es war März 2020, das neue Virus war schon präsent und doch nicht recht fassbar. In den Geschäften wurden Toilettenpapier und Desinfektionsmittel knapp. Ich saß in einem Café, als mich der Anruf eines Kollegen erreichte: Ich solle bis auf weiteres im Homeoffice arbeiten, bis die Ansteckungsgefahr nicht mehr so groß sei.
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| »No Justice, No Peace!«

Von Asad Haider

Während der Unruhen in Los Angeles im Jahr 1992 machte ein neuer Slogan die Runde: »No Justice, No Peace!« (»Kein Frieden ohne Gerechtigkeit«) Er war ein paar Jahre zuvor entstanden, möglicherweise während der Proteste gegen den Mord an Michael Griffith durch einen weißen rassistischen Mob in Howard Beach, im New Yorker Stadtteil Queens, und ist seither auf jeder Demonstration gegen Polizeigewalt zu vernehmen.
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| Nicht allein ein »Doktor-Problem«. Weshalb es eine sozial-epidemiologische Perspektive auf Corona braucht

Von Kai Mosebach

In der derzeitigen Covid-19-Pandemie sind Virolog*innen und Epidemiolog*innen viel gefragt. Zurecht, möchte man meinen, denn sie sind Expert*innen für den Aufbau, die genetische Entwicklung und die Ausbreitung des neuartigen Virus in der Gesellschaft. Wäre da nicht das so genannte Doktor-Problem: Fragen Sie zwei Ärzt*innen nach der Einschätzung Ihrer Symptomatiken und Sie bekommen drei Antworten! Verschiedene Einschätzungen und Antworten sind aber nicht Problem, wie viele meinen, sondern Kern wissenschaftlichen Denkens.
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| »Wie sollen wohnungslose Menschen ›zu Hause‹ bleiben?«

Gespräch mit Nora Brezger vom Flüchtlingsrat Berlin

Geflüchteten- und Obdachloseninitiativen kämpfen gemeinsam für ein Ende von Massenunterkünften

Das Bündnis #LeaveNoOneBehindNowhere hat in Berlin einen 10-Punkte-Soforthilfeplan entworfen. Geflüchteten-Initiativen und Obdachlosen-Selbstvertretungen fordern angesichts der Corona-Pandemie die längst überfällige Auflösung von Massenunterkünften und eine sichere Unterbringung für alle.
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| »Irgendwann sind auch unsere Kräfte am Ende« – Illegalisierte Arbeiter*innen in Berlin fordern: #LegalisierungJetzt

Von Llanquiray Painemal Susanne Schultz und Michel Jungwirth

„Guten Abend allerseits! Ich möchte Euch gern mitteilen, vor welchen Herausforderungen ich als undokumentierte Frau in dieser globalen Covid-19-Pandemie stehe. Ich habe meinen Job verloren, nachdem das Restaurant geschlossen hat, in dem ich gearbeitet habe. Als informelle Arbeiterin heißt das, dass es keinerlei Entschädigung für eine plötzliche Kündigung gibt. Ohne einen formalen Arbeitsvertrag habe ich kaum Verhandlungsmacht. Ich komme aus armen Verhältnissen, aus einem hochverschuldeten Haushalt. Bei mir hat dieser zusätzliche Schock des Lockdown meine Kräfte extrem geschwächt, auch noch damit fertig werden zu können. Ich habe zwei Söhne und auch meine Eltern sind von mir abhängig (sie leben im Herkunftsland, Kommentar respect). Keine Arbeit bedeutet kein Geld – und kein Geld bedeutet kein Essen, keine Medikamente und keine Mittel für Miete und andere Rechnungen. Ich kann wohl noch ein oder zwei Wochen überleben, aber ich weiß nicht, was in einem Monat passieren wird.“
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| Gelockert in eine neue Normalität der Krise? Teil II

Von Lia Becker und Alex Demirović

Ende der Einigkeit: Die Kräfteverhältnisse im Ringen um einen „Exit“

Die Lockerungen gehen weiter – noch immer ist unklar, ob das nicht viel zu früh ist. Die Risiken einer zweiten Welle werden höchstwahrscheinlich von denen getragen, die in der Debatte bisher nur passivierend als „Risikogruppe“ vorgekommen sind – ihre unterschiedlichen Lebenssituationen und Bedürfnisse haben für die Exit-Beschlüsse kaum eine Rolle gespielt.​ Im zweiten Teil ihres Textes werfen Lia Becker und Alex Demirovic einen Blick zurück: Wie kam es Anfang Mai zu diesen Entscheidungen? Und welche Kräfteverhältnisse innerhalb des neoliberalen Machtblocks waren ausschlaggebend?
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| COVID-19 und »racial capitalism« in Großbritannien: Wie Rassismus und Klasse in der Pandemie zusammenwirken

Von Ellie Gore

In Großbritannien sind ethnische Minderheiten bzw. »Black and minority ethnic groups« (BAME) überproportional von COVID-19 betroffen. Um diesen Sachverhalt zu verstehen, müssen wir biologistische Erklärungen zurückweisen und das Zusammenspiel von Klasse, Race und Lohnarbeit untersuchen.

Trotz Beteuerungen seitens führender Mitglieder der Konservativen Partei, dass vor dem Virus alle gleich seien, zeichnen Infektions- und Sterblichkeitsraten in Großbritannien ein ganz anderes Bild.
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| Wir brauchen eine progessive, internationalistische Antwort auf die Pandemie

Von den Mitarbeiter*innen des Transnational Institute

Diese Krise ereilt eine Welt, die bereits in der Krise ist. Und wenn wir nicht eine gerechte Antwort auf sie fordern und für diese mobilisieren, dann wird sie eine drastische Wirkung auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft, insbesondere die Menschen im Globalen Süden, haben. Die Corona-Pandemie gleicht einem Weckruf: das bestehende kapitalistische Wirtschaftssystem ist nicht geeignet, unsere Gesundheit als Einzelne oder auch als ganze Gesellschaften zu schützen. Wir müssen den Umgang mit COVID-19 lernen und zugleich lernen, die multiple Krise anzugehen, die damit eng verwoben ist – von der wachsenden Ungleichheit bis zur Klimakrise – um jene gerechte und nachhaltige Gesellschaft aufzubauen, nach der wir uns alle sehnen.
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