| »Wer durchfällt, versaut mir die Abi-Noten nicht.« Warum Ökonomisierung Selektion verschärft

Von Ellen Kollender

Wenn Schulen nach ihrem Abi-Durchschnitt gerankt werden, sind Schüler*innen mit schlechten Startbedingungen ein »Problem«. Die Konkurrenz um Bildungschancen ist eng mit Rassismus und Klassenverhältnissen verschränkt.
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| Der schwere Weg zu einer Schule für alle. Warum sich keiner vom Gymnasium trennen will

Gespräch mit Sabine Boeddinghaus und Susanne Thurn

Warum sitzt das Gymnasium so fest im Sattel, werden nicht Gemeinschaftsschulen immer beliebter?

Susanne: Eine kurze Antwort wäre an dieser Stelle preisverdächtig. Sicherlich hängt vieles damit zusammen, dass wir immer noch in einer Klassengesellschaft leben. Ich fürchte, das muss man wohl so sagen. Zur 25-Jahr-Feier der Laborschule Bielefeld und des Oberstufenkollegs hat Ludwig von Friedeburg es etwa so ausgeführt: Heute kann man sich sozial nicht mehr zeigen oder abgrenzen durch Statussymbole wie ein eigenes Haus, ein großes Auto oder tolle Fernreisen, nur noch durch den Satz »Mein Kind geht aufs Gymnasium.« Immer noch müssen sich Kinder und Jugendliche, die Gemeinschaftsschulen besuchen, gegenüber Gymnasiast*innen verteidigen, dass sie nicht »nur« aufgrund von mäßigen Leistungen auf eine solche Schule gehen. Die Vorurteile gegenüber reformpädagogisch orientierten Schulen sind in unserer Gesellschaft tief verwurzelt, als könnte nur über Konkurrenz aller gegen alle der soziale Aufstieg oder wenigstens der erreichte soziale Status gesichert werden.
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| Wiedergelesen: Die feinen Unterschiede (Auszüge)

Von Pierre Bourdieu

Im Rahmen unseres Formats “Wiedergelesen” veröffentlichen wir hier Auszüge aus den “Feinen Unterschieden” von Pierre Bourdieu. In den Kapiteln “Der Habitus und der Raum der Lebensstile” und “die Symbolischen Auseinandersetzungen” werden Grundthesen von Bourdieus Werk besprochen.


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| School of Shame. Wie Klassenbildung uns (de)formiert

Von Jan Niggemann

Menschen, die aufgrund ihrer Klassenherkunft Ausgrenzung erleben, berichten oft von Scham. Was ist das für ein Gefühl, Scham?

Scham ist ein Affekt, eine Reaktion darauf, bloßgestellt zu werden. Das kann nicht nur dazu führen, dass man verstummt und sich ohnmächtig fühlt, sondern auch zu dem Gefühl, selbst schuld zu sein. Wenn wir über Klassenscham sprechen, geht es um soziale Scham, wie sie etwa Didier Eribon beschrieben hat. Die Beschämung hat mit sozialen Unterschieden zu tun, auch wenn mir das selbst vielleicht nicht bewusst ist. Soziale Scham entsteht nicht einfach in einer bestimmten Situation zwischen zwei Personen. Sie ist Ergebnis einer Struktur, einer sozialen Hierarchie, die auf Klassenunterschieden basiert.
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| Wo eine Villa ist, ist auch ein Weg. Soziale Spaltung im Bildungssystem

Von Carolin Butterwegge und Christoph Butterwegge

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst auch im Bildungssystem. Der Aufstieg der privaten Bildungseinrichtungen zeigt den Wunsch nach Distinktion.
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| Schule muss anders. Gespräch über Bildung, Klassenverhältnisse und Organisierung

Mit Philipp Dehne

Du hast die Berliner Kampagne „Schule muss anders“ mitgegründet. Wie bist du dazu gekommen?

Ich habe mehrere Jahre sehr gerne als Lehrer gearbeitet. Aber immer häufiger habe ich mich gefragt, was ich hier eigentlich mache: Gute Bildungs- und Beziehungsarbeit oder strukturellen Missstand verwalten? Mir ist klar geworden, dass sich die grundlegenden Probleme des Bildungssystems nicht individualisiert im Klassenraum lösen lassen. Das war der Grund, zu kündigen und zu überlegen, wie wir uns schulübergreifend organisieren können.
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| Proletarischer Kostümball oder Klassenanalyse? Zur Debatte um verbindende Klassenpolitik

Von Bernd Tenbensel

Seit einiger Zeit wir darüber debattiert, ob die LINKE zur Akademikerpartei geworden sei und ihr ursprüngliches Klientel, „die kleinen Leute“ oder gar die Arbeiterklasse, sich weitestgehend von ihr abschiedet hätten. Nicole Gohlke hat dazu einen längeren Text beigetragen, der gekürzt auch im Neuen Deutschland als Beitrag zur Diskussion um Sahra Wagenknechts letzte Buchveröffentlichung „Die Selbstgerechten“ erschienen ist.
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| Für eine plurale Linke mit sozialistischem Kompass. Einspruch gegen Sahra Wagenknechts Projekt

Von Bernd Riexinger

Seit Sahra Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ erschienen ist, hat sich die Auseinandersetzung um ihre Person erneut zugespitzt. Wenige Monate vor der Bundestagswahl nötigt sie die LINKE, statt in einer schwierigen politischen Lage geschlossen für einen linken Richtungswechsel zu kämpfen, sich mit ihrem „Gegenprogramm“ zu beschäftigten, das in wichtigen Teilen nicht dem Bundestagswahlprogramm der LINKEN entspricht. Dieses „Gegenprogramm“ fußt auf drei zentralen Denkfiguren, mit denen ich mich kritisch auseinandersetzen möchte.
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| In der Mitte des Landes

Von Horst Kahrs

Am Wochenende wählt Sachsen-Anhalt als letztes Land vor der Bundestagswahl. Horst Kahrs’ Thesen helfen, die von De-Industrialisierung in den 1990ern, Bevölkerungsrückgang, gegenwärtigem Strukturwandel und sozialer Deklassierung geprägten Alltagserfahrungen vieler Menschen zu verstehen.
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| Kein Schaf sein. Die Kultur der Ablehnung und ihr Klassencharakter

Von Alexander Harder und Benjamin Opratko

Schon vor der Pandemie wurde Staat, Medien und Politik mit Skepsis begegnet. Nun nimmt die Ablehnung zu und verdichtet sich in den Anti-Corona-Protesten. Wie sieht die Linke ihre Rolle in der Autoritätskrise?

Im Jahr 1917 rief die US-amerikanische National Tuberculosis Association (NTA) einen modernen Gesundheitskreuzzug aus. Die Modern Health Crusade mobilisierte Zehntausende Freiwillige und startete eine bis dahin beispiellose Kampagne. Ihr Ziel war es, neue Verhaltensnormen im Alltag durchzusetzen, um die als Infektionskrankheit erkannte Tuberkulose zu bekämpfen.
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