| Verbindende Partei oder zurück zum »Bewegungskrieg«?

von Jan Rehmann

Eine Antwort auf Mimmo Porcaro: Occupy Lenin (Heft 1/2013)

Das von Mimmo Porcaro entwickelte Projekt einer »verbindenden Partei« reagierte zum einen auf das Scheitern des traditionellen Modells einer Avantgardepartei, zum anderen auf die Grenzen »horizontaler« Bewegungs-Vernetzungen vom Typus Weltsozialforum. Gegenüber beiden hat der Vorschlag wichtige Stärken: Die angestrebte Verbindung erscheint nicht mehr als nahezu automatische Konsequenz einer ohnehin bereits vernetzten Multitude (Hardt/Negri), sondern als eine komplexe politische Aufgabe, die mit sozialen Spaltungen z.B. zwischen qualifizierten und weniger qualifizierten Arbeitskräften konfrontiert ist (Porcaro in LuXemburg 4/2011, 30ff); darüber hinaus geht Porcaro dem Problem politischer Führung nicht aus dem Weg: Sie muss demokratisiert werden, ist aber nach wie vor notwendig, um den Korporatismus der sozialen Bewegungen zu überwinden.
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| Occupy Lenin

von Mimmo Porcaro

Der heimliche Evolutionismus der Linken

Es ist kaum zu leugnen, dass fast alle antikapitalistischen Strategien des 20. Jahrhunderts von einem starken, wenn auch heimlichen Evolutionismus geprägt waren. Gleichgültig ob sie auf die Gegenmacht der Arbeiterklasse, eine radikale (und später partizipatorische) Demokratie oder die Vergesellschaftung der Wirtschaft zielten – immer setzten sie auf je eigene Weise einen sterbenden Kapitalismus voraus. Zur Strecke gebracht durch das langsam wirkende Gift einer historischen Krise oder durch die von ihm selbst hervorgebrachten neuen Verhältnisse und Subjekte. Überraschenderweise finden sich hier strategische Gemeinsamkeiten zwischen dem moderaten Stalinismus der Nachkriegsjahre und der hyperdemokratischen »Multitude«: In beiden Fällen – hier durch Wissenschaft und Zentralisierung, dort durch Kommunikation und Kooperation – scheint der Kapitalismus angesichts hoch vergesellschafteter Produktion zur formalen Hülle geworden zu sein.
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| Eingebunden. Jenseits des Krisenkorporatismus

von Heinz Bierbaum

Am 14. November 2012 fand ein europaweiter Streik- und Aktionstag gegen die europäische Kürzungspolitik und den Fiskalpakt statt. Erstmals hatte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) zum Generalstreik und zu Aktionen aufgerufen und damit eine deutliche Wende in der europäischen Gewerkschaftspolitik markiert. Diese war bislang wenig bewegungsorientiert, sondern stark institutionell geprägt gewesen.
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| "Gewerkschaft: außer Konkurrenz" – Editorial 1/2013

Gewerkschaften suchen Auswege aus der Globalisierungsfalle, aus internationaler Konkurrenz und Lohndumping. Was getan werden müsste, ist schnell umrissen: effektive internationale Strategien entwickeln, sich aus den Beschränkungen der Tarifkämpfe lösen und Gegenmacht entwickeln auf den zentralen Feldern neoliberaler Angriffe: Privatisierung, Kürzungspolitik und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen. Politische Bündnisse müssten geschmiedet werden, die über den betrieblichen Rahmen hinausweisen und gewerkschaftliche Kämpfe nicht auf Erwerbsarbeit beschränken: Arbeitsverdichtung, Zeitstress, Rente, Gesundheit – hier gilt es, die Macht zur Regulierung zurückzugewinnen. Doch das politische Alltagsgeschäft ist kompliziert, die Bedingungen sehr unterschiedlich, ungleich eingebunden im Krisenkorporatismus driften die Interessen auseinander – zwischen Exportindustrien und sozialen Dienstleistungsbereichen, Kernbelegschaften und Prekären. Insbesondere die Gewerkschaften in den Exportindustrien sind zerrissen zwischen ihrer Kritik an neoliberaler Kürzungspolitik und den Vorteilen, die die Einbindung in deutsches Krisenmanagement auf Kosten anderer schafft.
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| »Eine Revolution braucht Organisationsstrukturen«

Chema Ruíz im Gespräch mit Lara Hernández

Chema Ruíz war lange Jahre aktiv im politischen Rat der Vereinigten Linken Spaniens (Izquierda Unida, IU). Heute ist er Mitglied der Kommunistischen Partei und Mitbegründer der Plataforma de los Afectadas por la Hipoteca (PAH) – eines Netzwerks zur Unterstützung von Menschen, die wegen Hypothekenschulden von Zwangsräumung bedroht sind. Gemeinsam kämpfen sie für ein Recht auf Wohnen.

Videointerview (Spanisch)
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| „Die größte Wirkung hatte immer, nicht lokal zu verhandeln“

Gespräch mit Wolfgang Schäfer-Klug, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Adam Opel AG

Der Europäische Betriebsrat von General Motors hat in der Vergangenheit mit wechselndem Erfolg versucht, die Konkurrenz zwischen den Beschäftigten der verschiedenen Standorte einzudämmen, Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern. Wie hat sich die globale Krise seit 2007 auf diese Bemühungen ausgewirkt?

Seit dem letzten europäischen Rahmenvertrag 2010 zur Restrukturierung hat sich etwas verändert. Der Europäische Betriebsrat (EBR) wurde vom Management teilweise bewusst umgangen; und angesichts der massiven Überkapazitäten hat das Management die Strategie gefahren, die lokalen Gewerkschaften und Betriebsräte unter erheblichen Druck zu setzen.
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| Autos, Krise, Klimawandel und Klassenkampf

Lars Henriksson

2008: Es scheppert im Karton, die Finanzkrise schlägt überall durch. Plötzlich wird die Überproduktion in der globalen Automobilindustrie gut sichtbar. In Schweden war das besonders problematisch.

Zwei der weltweit kleinsten Massenhersteller (Volvo Car und Saab Automobile AB, Anm. d. Red.) stellten große, spritfressende Mittelklasseautos her. In einem Land mit neun Millionen Einwohnern hat man also zwei bankrotte Autohersteller samt ihrer ganzen Subunternehmerkette (und zwei LKW-Hersteller, die ihrerseits in der Krise sind).
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| Subventionen und Zugeständnisse. Die grenzenlose Erpressung durch die Konzerne

von Leo Panitch und Sam Gindin

Dass zu Beginn des Jahres 2013 die erste wirtschaftspolitische Maßnahme des kanadischen Premierministers Stephen Harper darin bestand, weitere 250 Millionen Dollar an Subventionen in die Autoindustrie zu pumpen, sollte eigentlich ein paar sehr grundsätzliche Fragen aufwerfen. Die schwindelerregenden Freihandelsparolen der letzten Jahrzehnte betonten oft die wirtschaftlichen Vorzüge, die mit der Befreiung multinationaler Konzerne aus den engen nationalstaatlichen Grenzen verbunden sind, wenn sie global expandieren. Doch tatsächlich wurde diese Globalisierung der Wirtschaft dadurch ermöglicht, dass sich die Unternehmen auf die Unterstützung durch sehr viel mehr Staaten als je zuvor verlassen konnten. Und diese staatliche Unterstützung sicherten sie sich zur selben Zeit, in der sie die Keule der Wettbewerbsfähigkeit schwangen, um ihre Beschäftigten zu disziplinieren und sie bei Bedarf vor die Tür zu setzen.
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| Konversion

von Antje Blöcker

Wie steht es mit dem Sozial-ökologischen Umbau der Industrie?

Im Kontext der Krise der Jahre 2008 und 2009 entstand in der IG Metall die Forderung nach einem »Kurswechsel« (Huber 2010) in Richtung eines sozialen und ökologischen Umbaus der Industrie. Die Internationale Gewerkschaftskonferenz »Aufgabe Zukunft – Qualität des Lebens« des Jahres 1972 hatte sich als Antwort auf die Kernaussage des Club of Rome, ungezügeltes Wachstum sei mit den Grenzen des Planeten nicht vereinbar, für die Förderung »qualitativen Wachstums« ausgesprochen.
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| Die Ent-Legitimierung der Politik

Von Wolfgang Menz, Richard Detje, Sarah Nies und Dieter Sauer Sarah Nies und Dieter Sauer

Zum politischen Bewusstsein von Vertrauensleuten und Betriebsräten in der »permanenten Krise«

Deutschland ist vergleichsweise gut durch die jüngste Wirtschaftskrise gekommen. Der Arbeitsplatzverlust fiel geringer aus als befürchtet und war im europäischen Vergleich deutlich unterdurchschnittlich. Während es in vielen Ländern zu Regierungswechseln kam und soziale Auseinandersetzungen zunahmen, blieben die politischen Konstellationen in Deutschland stabil, Proteste die Ausnahme.
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