| Regieren ohne Regierung – Italien als Laboratorium

Von Beppe Caccia

Anomalie oder Laboratorium – wie ist die politische Situation in Italien einzuschätzen? Die Sieger der allgemeinen Wahlen vom 4. März 2018 sind die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega von Matteo Salvini. Die Linke hingegen ist fragmentiert und steht als Verlierer da. Auch wenn keine Partei oder Regierung derzeit eine Mehrheit zu Stande bringt, tritt jedoch keine Situation der „Unregierbarkeit“ ein. Um diese politische Situation zu verstehen und mögliche künftige Szenarien zu entwerfen, müssen wir uns die Entwicklungen der letzten sieben Jahre vor Augen führen, insbesondere die vor kurzem erfolgte Reform des Wahlgesetzes.


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| Die andere Wahl. Zur Ethik der zapatistischen Politik

Von Timo Dorsch

Als sich am letzten Maisonntag María de Jesús Patricio Martínez von ihrem Stuhl erhob, um sich der ungeduldigen Presse zu stellen, standen ihr bescheidener Gesichtsausdruck und ihre wenigen unaufgeregten Worte beispielhaft für eine Politik, die seit über zwei Jahrzehnten Teile der Welt begeistert und nicht selten auch verstört. Die 53-jährige Nahua-Indigene und traditionelle Heilerin, liebevoll Marichuy genannt, gehört seit seiner Gründung dem Nationalen Indigenen Kongress (CNI) an. Und an diesem Nachmittag im Mai, in einem überfüllten Auditorium der autonomen Universität CIDECI-Unitierra im südöstlichen Bundesstaat Chiapas, wurde sie zur Sprecherin eines eigens gegründeten Indigenen Regierungsrates (CIG) bestimmt. Sprecherin für die einen, Kandidatin für die anderen. Denn sowohl die Geburt des CIG als auch die Bestimmung der parteilosen Marichuy erfolgten im Rahmen der nächsten mexikanischen Präsidentschaftswahlen im Juni 2018.
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| Frankreich: Nach der Wahl ist vor der Wahl – 8 Thesen

von Sebastian Chwala und Felix Syrovatka

Der französische Präsidentschaftswahlkampf offenbarte fundamentale Krisenprozesse und manifestierte historische Umbrüche der französischen Gesellschaft. Mit dem Einzug von Marine Le Pen und Emmanuel Macron zeigte sich in Frankreich eine gesellschaftliche Polarisierung, wie sie bisher in noch keinem europäischen Land deutlich wurde. Die von Zürn (2016; vgl. auch Zürn/de Wilde 2016) herausgearbeiteten „gesellschaftlichen Konfliktlinien“ zwischen Kosmopolitismus und regressiven Kommunitarismus personalisierten sich im Duell zwischen Macron und Le Pen in der Stichwahl am 7. Mai 2017. Anders jedoch als in den meisten europäischen Ländern wurde mit der Bewegung „La France Insoumise“ und ihrem Kandidaten Jean-Luc Mélenchon ein dritter gesellschaftlicher Pol sichtbar.


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| Nach den Wahlen in den USA

Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wirft grundsätzliche Fragen auf. Wie steht es um die Zukunft der Weltmacht? Welche innen- und außenpolitischen Folgen sind zu erwarten? Und wird es der Linken in den USA gelingen, die Mobilisierung für soziale Gerechtigkeit und politische Reformen auch nach der Sanders-Kampagne voranzutreiben?

Wir versammeln hier einige Analysen und Kommentare zur US-Wahl 2016 und ihren politischen Folgen.

Trump: Auf dem Weg zu einem neuen Machtblock
Von Rainer Rilling
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| Trump: Auf dem Weg zu einem neuen Machtblock

Von Rainer Rilling

Worum geht es?

Wahrscheinlich ist über keinen Wahlkampf und kein Wahlergebnis im letzten halben Jahrhundert so viel geredet, gedruckt, getwittert, geschrien, geheult und geschwindelt worden wie über die US-Wahlen vor knapp zwei Wochen. Tatsächlich stecken wir schon mitten drin im Trump-Spin – Business. Erwähnt Angela Merkel den Namen Trump, ist es staatsmännisch souverän, tut es Sarah Wagenknecht, dann steht es für eine gruslige donaldistische Selbsttrumpisierung der Linkspartei.
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| US-Vorwahlen: Bernie Sanders’ Politische Revolution

Ein Kommentar von Rainer Rilling

Die Vorwahlen der Demokraten in New York und Kalifornien entscheiden den Ausgang des Wettrennens zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton. Darüber sind sich beide Kontrahenten einig. Es bleibt spannend und erstaunlich. Um auf dem Parteitag Chancen zu haben, müsste Sanders in den kommenden Wochen die meisten Mid-Atlantic-States gewinnen (darunter Pennsylvania) und im Juni California und New Jersey. Die Freunde der Wahldemografie wie Nate Silver sind skeptisch: Da in diesen Staaten die Wählerschaft älter und schwärzer ist, prognostizieren sie Siege für Clinton. Doch unter den Demokraten und jenen Unabhängigen, die bundesweit den Demokraten zuneigen, hat Sanders mittlerweile in den Umfragen einen knappen Vorsprung. Dennoch: entscheidend sind die Vorwahlen und das bislang bestenfalls leicht angekratzte System der Superdelegierten, das in den 1970er geschaffen wurde, um der Parteielite die Kontrolle über den Auswahlprozess zu sichern.
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| Portugal: Alles ruhig an der westlichen Front?

Von Ricardo Noronha

Die Entscheidung für die blaue Pille[1]

Am westlichsten Zipfel Europas, ziemlich weit ab von allem, ist das Land, das für das „P” in der Abkürzung „PIGS” steht und von dem man wie von einem entfernten Verwandten nur gelegentlich etwas hört, Gegenstand einer gut durchdachten Marketingstrategie geworden. So erscheint es in der Vorstellung der Europäer nicht länger als der Kandidat, „der Griechenland bald nachfolgen wird“, sondern als „strebsamer Schüler“, der erfolgreich die von der Troika verlangten Strukturanpassungen vorgenommen hat und der in der Eurozone vorherrschenden Austeritätspolitik folgt.
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| 13 Prozent für die Frauen in der Türkei. Feministische Überlegungen zu den Parlamentswahlen am 7. Juni

Von Corinna Eleonore Trogisch

Übergroße Freude bei DemokratInnen, Linken und Mehrfachdiskriminierten in der Türkei und anderen Ländern: Der Bajonett-Demokratie des “Tayyip-Ayip”[1] ist eine Grenze gesetzt. Die linkspluralistische “Demokratische Partei der Völker” (türk. HDP), erst 2013 gegründet, hat die nach dem Putsch von 1980 implementierte 10-Prozent-Sperrklausel überschritten. Das von der kurdischen Bewegung hochgepäppelte Gebilde hat es über viele Häutungen und Metamorphosen geschafft, eine in der gesamten Türkei wählbare Partei zu werden und ist nun mit rund 13 Prozent der Stimmen in der Türkischen Nationalversammlung vertreten. Hinter der HDP steht der rätedemokratisch organisierte “Demokratische Kongress der Völker” (türk. HDK). Dieser ist seit 2011 bestrebt, v.a. über die Bejahung religiöser, ethnischer und sprachlicher Vielfalt eine pluralistische politische Kultur, verbunden mit der Idee sozialer Gerechtigkeit, zu popularisieren.
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