| US-Vorwahlen: Bernie Sanders’ Politische Revolution

April 2016  Druckansicht
Ein Kommentar von Rainer Rilling

Die Vorwahlen der Demokraten in New York und Kalifornien entscheiden den Ausgang des Wettrennens zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton. Darüber sind sich beide Kontrahenten einig. Es bleibt spannend und erstaunlich. Um auf dem Parteitag Chancen zu haben, müsste Sanders in den kommenden Wochen die meisten Mid-Atlantic-States gewinnen (darunter Pennsylvania) und im Juni California und New Jersey. Die Freunde der Wahldemografie wie Nate Silver sind skeptisch: Da in diesen Staaten die Wählerschaft älter und schwärzer ist, prognostizieren sie Siege für Clinton. Doch unter den Demokraten und jenen Unabhängigen, die bundesweit den Demokraten zuneigen, hat Sanders mittlerweile in den Umfragen einen knappen Vorsprung. Dennoch: entscheidend sind die Vorwahlen und das bislang bestenfalls leicht angekratzte System der Superdelegierten, das in den 1970er geschaffen wurde, um der Parteielite die Kontrolle über den Auswahlprozess zu sichern.

Scheitert Sanders in den Vorwahlen, bleibt die Frage, wie dadurch das zweite Ziel seiner Wahlkampagne beeinträchtigt wird: eine Grassroot-Bewegung aufzubauen – als und für eine linkssozialdemokratische ›politische Revolution‹. Auch wenn er die Nominierung verliert, werde er »diese Revolution fortsetzen«, betonte er vielfach. Mitten im Kampf um die Nominierung darüber zu räsonieren, ob er Vizepräsident werden oder die demokratische Partei spalten wolle – also den Wahlprozess für die Bildung einer linken Formation inner- oder außerhalb der Demokratischen Partei nutze –, scheint nicht sonderlich vielversprechend. Welche nachhaltige Kraft eine linke Formierung durch den (Vor-)Wahlkampf bekommen könnte, ist offen – aber vieles spricht dafür, dass der Linksruck, für den die Sanders-Massenmobilisierung schon jetzt steht, sich verfestigen wird; egal in welcher politischen Form. Harold Meyerson, der 13 Jahre lang eine regelmäßige Kolumne in der Washington Post geschrieben hat und zum Jahresbeginn gefeuert wurde, ist dieser Frage im American Prospect nachgegangen. In Bernie’s Army. Where it came from; where it’s headed skizziert Meyerson die bisherigen Mobilisierungserfolge und arbeitet heraus, worin aktuell die Chancen einer solchen ›politischen Revolution‹ liegen.  Zentrale ist für ihn eine Frage, die er kurz zuvor im Guardian (29.2.2016) diskutiert hat: Why are there suddenly millions of socialist in America?. Die Option, die ihn interessiert, ist die Transformation der Demokratischen Partei – wahrlich keine neue und oder gar elektrisierende Idee. So what? Im Moment dominiert der Wahlprozess!

Harald Meyerson: The long March of Bernie’s Army. Where it came from; where it’s headed

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