| Kirche auf Partnersuche

Von Franz Segbers

Von der Allianz zwischen Thron und Altar zu einer neuen Bündnispolitik der Kirchen

Die politischen und kirchlichen Eliten waren irritiert, ja verschreckt, als im November letzten Jahres Papst Franziskus mit seinem Schreiben Freude des Evangeliums der herrschenden Wirtschaft entgegenhielt: »Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung. Nein zur neuen Vergötterung des Geldes. Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen. Nein zur sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt.« (Papst Franziskus 2013, Ziff. 52–59) Seine Kritik fasste er zusammen mit der Aussage: »Diese Wirtschaft tötet.« (ebd., Ziff. 53)
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| Christentum als Befreiungsbewegung

Von Philipp Geitzhaus und Michael Ramminger

Es genügt nicht, die Religion als Verschleierung zu ent-decken

In durchaus beachtlichen Teilen der Linken werden Religion und Religionsgemeinschaften häufig noch unter dem Thema Obskurantismus, Fundamentalismus, Aberglauben und Irrationalismus abgehandelt und oftmals per definitionem als gewalttätig verstanden. Abgesehen vom fragwürdigen Standpunkt einer ›aufgeklärten Wissenschaft‹ (wie viele Irrtümer und Verbrechen der Neuzeit sind im Namen der ›Vernunft‹ und mit wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgestattet begangen worden?), verdeckt eine solche Religionskritik mehr gesellschaftliche Wirklichkeit und Geschichte, als sie offenzulegen vermag. Zudem verhindert sie eine Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen emanzipatorischer Theorie und Praxis.
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| Austerity kills

Von Alexis Benos

Kämpfe um Gesundheit in Griechenland

Die strukturelle Krise des Kapitalismus zieht auch in Europa soziale und ökonomische Verwerfungen nach sich. Dass die südeuropäischen Länder stärker betroffen sind, liegt unter anderem daran, dass den Defiziten des Südens die Überschüsse des Nordens gegenüberstehen. Griechenland ist – als schwächstes Glied in der Eurozone – seit Jahren Versuchskaninchen für die Einführung neoliberaler Strukturanpassungspolitiken in Europa – 30 Jahre nachdem diese in Afrika, Südamerika und Südostasien offensichtlich gescheitert waren. Dennoch akzeptierte die griechische Regierung die Finanzierungsauflagen fast widerstandslos. Diese sehen nicht nur weitgehende Kürzungsmaßnahmen vor, sondern auch eine Privatisierung fast aller öffentlichen Güter und Dienstleistungen – auch des Gesundheitswesens.
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| Verhandelte Solidarität

Von Nina Knirsch

Zum Zusammenhang von betrieblichem Co-Management, Konfliktorientierung und internationaler Gewerkschaftsarbeit

Seit dem Entstehen der Arbeiterbewegung war der Versuch, ihre internationale Organisationsmacht zu stärken, nicht nur ein Versuch, Konkurrenz zu mindern. Es ging auch um weltumspannende gesellschaftliche Veränderung des Systems – vor allem marxistische Strömungen knüpften diese Hoffnung an die Organisation internationaler Arbeitersolidarität. Die Praxis gewerkschaftlicher Funktionsträger war so von Beginn an ein Politikum, und dieser transformative gesellschaftliche Auftrag wird von vielen linken (Gewerkschafts)-AktivistInnen bis heute als Maßstab an die betriebliche Praxis angelegt.
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| »We expect better«

Von Sarah Bormann

Internationale Solidarität als Strategie gewerkschaftlicher Erneuerung: die T-Mobile Kampagne

»Du hast versucht, die Zielvorgaben zu erreichen, aber wenn Du das in einem Monat nicht geschafft hast, dann war das der erste Schritt zu Deiner Kündigung. Ich musste eine Auszeit nehmen, die Angst war so groß, ich stand morgens auf und musste mich übergeben, weil ich einfach nicht mehr funktioniert habe.«

Ehemaliger Call-Center-Arbeiter
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| Auf Partnersuche in China

Von Bodo Zeuner

Über die komplizierte Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen Gewerkschaften

In China lebt die zahlenstärkste und potenziell auch mächtigste Arbeiterklasse der Welt – Arbeiterklasse im traditionellen Sinn, verstanden als Klasse der Lohnabhängigen. Für 2012 meldet die offizielle Statistik in China 812 Millionen Erwerbspersonen. Etwa ein Viertel sind vom Land stammende migrant workers1, die unter eingeschränkten Bedingungen in den Industriestädten leben und arbeiten. 200 Millionen arbeiten als StadtbewohnerInnen in privaten und staatlichen Unternehmen.
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| Fragile Balanceakte

Von Olaf Bernau

Das Beispiel Afrique-Europe-Interact

Anfang der 1990er Jahre ist hierzulande die einst handlungsmächtige Internationalismus- bzw. Dritte-Welt-Solidaritätsbewegung buchstäblich kollabiert. Verantwortlich war zum einen der Epochenbruch von 1989 samt seiner rassistischen Fernwirkungen im wiedervereinigten Deutschland, zum anderen die neoliberale Globalisierungsoffensive, die seinerzeit begonnen hatte, rund um den Globus gesamtgesellschaftliche Kräfteverhältnisse spürbar zu verschieben. Hinzu kam, dass sich die Internationalismusbewegung zunehmend innerlinker Kritik ausgesetzt sah. Wichtige Schlagworte lauteten ›simplifizierende Gut-Böse-Weltbilder‹, ›Fetischisierung des bewaffneten Kampfes‹, ›Solidaritäts-Hopping‹ oder ›fehlender Bezug auf soziale Auseinandersetzungen im Norden‹. Die Benennung dieser und weiterer Irrtümer war zweifelsohne berechtigt, ja notwendig.
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| Gewerkschaft als soziale Bewegung

Interview mit Zehra Kahn

Brennende Fabriken und Klassenkampf in Pakistan

Im September 2012 gab es einen großen Brand in einer Fabrik in Karachi, bei dem fast 300 Beschäftigte ums Leben kamen. Hat sich die Situation seitdem verändert?

Was die Gesetze angeht, so hat sich nicht viel verändert. Allerdings haben alle Gewerkschaftsverbände und Tausende von Betriebsgewerkschaften erstmals zusammengearbeitet und eine gemeinsame Plattform gegründet – das Workers Rights Movement. Durch das pakistanische Gewerkschaftsrecht entsteht eine Situation, in der eine Vielzahl von Gewerkschaftsdachverbänden um die einzelnen Betriebsgewerkschaften konkurrieren.
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| Arbeit, Gesundheit, Leben

Interview mit Mara Lira

Über Solidarität und transnationales Lernen

Mara, Du bist Koordinatorin des Gesundheitsnetzwerks VidaViva in Brasilien. Wer ist daran beteiligt und warum wurde es gegründet?

VidaViva ist eines der Programme von Transnationals Information Exchange (TIE) Global – ein internationales Netzwerk von GewerkschaftsaktivistInnen, das die Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und ihren Organisationen in verschiedenen Regionen der Welt fördern will. VidaViva hat in Brasilien als ein finanziell gefördertes »Projekt« angefangen, wurde dann aber nach einigen Jahren bewusst als Netzwerk organisiert.
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| Die Daimler-Koordination

Von Heiner Köhnen

Gewerkschaftlicher Internationalismus von Unten

Die Geschichte internationaler Gewerkschaftssolidarität ist leider keine Erfolgsgeschichte. Aktionen der Solidarität beschränken sich bis heute meist auf Aufrufe bei Demonstrationen oder, wenn überhaupt, auf ›Hilfe in Notfällen‹ (Entlassungen, Betriebsschließungen oder Arbeitsrechtverletzungen). Internationale Zusammenarbeit ist in solchen Fällen keine Beziehung unter Gleichen, sondern von ›Starken‹ zu ›Schwachen‹, von ›Helfenden‹ zu ›Objekten der Hilfe‹. Dabei hat sich in den letzten Jahren durchaus einiges getan. DGB und Großgewerkschaften unterstützen inzwischen internationale Netzwerke von Beschäftigten auf Konzern- wie auf Branchenebene.
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