| Wiedergelesen: Der »Klassen-Rassismus«

Von Étienne Balibar

Auch wenn die wissenschaftlichen Analysen des Rassismus vorzugsweise die rassistischen Theorien untersuchen, gehen sie doch davon aus, dass der »soziologische« Rassismus ein populäres Phänomen ist. Die Entwicklung des Rassismus in der Arbeiterklasse (die den sozialistischen und kommunistischen Aktivisten als etwas Widernatürliches erscheint) wird auf eine den Massen innewohnende Tendenz zurückgeführt und der institutionelle Rassismus in die Konstruktion eben dieser psychosoziologischen Kategorie »Masse« projiziert. Zu untersuchen wäre also der Prozess der Verschiebung von den Klassen zu den Massen, der diese zugleich als bevorzugtes Subjekt und Objekt erscheinen lässt.
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| Linker Feminismus gegen rechte Bevölkerungspolitik

Von Susanne Hentschel

Nachdem aktive Bevölkerungspolitik über viele Jahrzehnte hinweg aufgrund ihrer engen Assoziation mit den nationalsozialistischen Rassenhygiene- und Eugenik-Programmen als diskreditiert galt, erlebte sie in den 1990er Jahren ein Comeback in neuem Gewand: Bevölkerungspolitik hieß nicht nur anders, inzwischen sprach man von Demografie, sie hatte zudem auch einen liberalen und modernisierten Anstrich.
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| Jenseits prekärer Legalität

Von David Feldman

Am 9. Februar ließ die US-Behörde, die für Immigration and Customs Enforcement (ICE) zuständig ist, im Rahmen einer landesweit koordinierten Aktion mehr als 600 Migrant*innen verhaften. Allein in Los Angeles wurden über 100 Menschen festgenommen, was erbitterten Widerstand vor Ort auslöste und Bedenken schürte, Donald Trump werde seine Kampfansage, alle elf Millionen Migrant*innen ohne Aufenthaltsgenehmigung aus dem Land zu werfen, tatsächlich wahrmachen.
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| Eine Politik der Solidarität

Von Karina Moreno

Um Trump zu besiegen, müssen Latin@s und die muslimische Community gemeinsam handeln

Seit den Attentaten vom 11. September 2001 stellt die US-amerikanische Regierung Einwanderung zunehmend als Bedrohung dar. Zum ›Schutz‹ Amerikas etablierte George W. Busch 2008 unter anderem das Secure-Communities-Programm, das sowohl dem Ministerium für Innere Sicherheit (Department for Homeland Security, DHS) als auch der Einwanderungsbehörde (Immigration and Customs Enforcement, ICE) Zugang zu den biometrischen Daten lokaler Behörden erlaubt.
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| Vergessene Orte. Die französischen Banlieues zwischen Revolte und Angst

Von Fabien Jobard

Wann immer in Deutschland von französischen Banlieues die Rede ist, stehen die Themen Kriminalität und Gewalt im Vordergrund. Auch in der Linken haben sich bestimmte Eindrücke festgesetzt: einerseits von rebellischen Jugendlichen, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, die jeden Anlass dafür nutzen, mit ›disruptiven Mitteln‹ ihrer Gegnerschaft zum bestehenden System Ausdruck zu verleihen; andererseits eine deklassierte Arbeiterklasse, meist ohne Migrationshintergrund, die sich schon seit Langem von der Politik abgewendet hat und – wenn sie sich überhaupt zu Wort meldet – mit dem Front National sympathisiert und sich an dessen Versprechungen klammert.
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| »Einwanderungsschland« − LUXEMBURG 1/2017

Das Heft 1/2017 widmet sich den Herausforderungen linker Politik im EINWANDERUNGSSCHLAND.

Die Rechte stellt die soziale Frage rassistisch. Daran polarisiert sich auch die linke Debatte: Anti-Rassismus in den Vordergrund oder endlich wieder diejenigen ins Zentrum stellen, die linke Politik nicht mehr erreicht? Für globale Gerechtigkeit streiten oder erst mal hier soziale Schieflagen ins Lot bringen? Das Heft sucht nach Ansätzen einer antirassistischen Klassenpolitik jenseits sozialer und politischer Spaltung. Wie lassen sich die Kämpfe der Migration mit sozialen Garantien in einer solidarischen Einwanderungsgesellschaft verbinden? Und wen können wir für ein solches Projekt gewinnen?
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| Das Problem hinter Trump

Von Keeanga-Yamahtta Taylor

Donald Trump hat sein Amt als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angetreten. Die Fassungslosigkeit, die dieser Wahlsieg bei vielen ausgelöst hat, gilt es nun in Widerstand und Selbstorganisierung zu verwandeln. Dafür ist es allerdings entscheidend zu verstehen, wie es zu diesem Wahlsieg kommen konnte. Vereinfachende Erklärungen helfen hier nicht weiter. Etwa wenn die Wahl Trumps auf CNN als »whitelash« bezeichnet wird, als Racheakt der weißen Wähler*innen gegen die Schwarzen, die 2008 und 2012 für Obama gestimmt haben. Solche Thesen greifen zu kurz und unterschlagen viele unbequeme Wahrheiten über die Demokratische Partei.
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| »Wir wollen selbst unsere Situation verbessern«

Interview mit Trésor über das Engagement für die Rechte geflüchteter Menschen in Europa und Afrika

Du hast Voix des Migrants in Deutschland gegründet. Warum?

Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie Migrant*innen in Deutschland in kompletter Isolation in Lagern leben. Damals galt die Residenzpflicht, das heißt, man durfte seinen Landkreis nicht verlassen, sich nicht weit vom Lager wegbewegen. Das Dublin-II-Abkommen schrieb vor, Asylverfahren hätten in dem ersten EU-Staat stattzufinden, den ein*e Asylsuchende*r erreicht. Später wurde mit Dublin III auch die Speicherung von Fingerabdrücken und weiteren Daten erlaubt. Ich wollte zu dieser Situation nicht länger schweigen. Nach vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten war klar: Wir müssen uns Gehör verschaffen und mit eigener Stimme für unsere Rechte kämpfen.
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| Move it! Für die Kanakisierung linker Politik

Von Stefanie Kron

Die Diagnose ist bekannt: Der gesellschaftlichen Linken fehlt ein gemeinsames Narrativ. Eines, das wieder mehr Menschen anspricht und für linke Politiken begeistert. Rechtsextreme Bewegungen und Parteien in Europa propagieren eine Rückkehr zu ethno-nationalistischen Formen gesellschaftlicher Organisation. Sie erzeugen damit offenbar den viel zitierten »Wärmestrom«, eine klassenübergreifende und affektive Zustimmung bei immer mehr Menschen. Dieses neurechte Narrativ erzählt Migration als potenzielle Bedrohung des Idealbilds einer homogenen Nation und wird in Deutschland vor allem von der AfD und Pegida propagiert.

Währenddessen spaltet sich die gesellschaftliche Linke in Deutschland an der Frage migrationspolitischer Strategien.
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| »Die Asys müssen weg!«

Von Anne Steckner

Haustürbesuche als Strategie gegen die Spaltung

Die gegenwärtige Debatte um Migration ist polarisiert und rassistisch aufgeladen. Den Rechten gelingt es, anstehende Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft als Konkurrenzverhältnis und Verteilungskonflikt zwischen ›uns Deutschen‹ und ›den Einwanderern‹ darzustellen. Indem sie die soziale Frage ethnisiert stellen, schließen sie an vorhandene Denkweisen an und präsentieren vermeintliche Lösungen:
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