Wer Ernährungssouveränität will, muss bäuerliche Strukturen stärken
In der städtischen Vorstellungswelt sind bäuerliche Betriebe ein Refugium jenseits kapitalistischer Verwertungsinteressen. Man muss nur auf die wirklichkeitsfernen Bilder in den Supermarktregalen und Werbeclips schauen. Tatsächlich aber ist die Landwirtschaft völlig durchkapitalisiert. Trotzdem ist die Sehnsucht nach einer anderen Landwirtschaft, in der eine Ökonomie der Sorge um das Land und seine Lebewesen über den Kapitalinteressen steht, nicht aus der Luft gegriffen. Sie stützt sich auf reale Bedürfnisse und auf eine konkrete, geschichtlich verankerte und enkeltaugliche landwirtschaftliche Praxis, die ich »bäuerlich« nennen will und die für das Ziel der Ernährungssouveränität zentrale Bedeutung hat. Denn wer ein Ende der Abhängigkeit des Lebensmittelsektors von den Kapitalinteressen einiger weniger Konzerne will, muss bäuerliche Strukturen stärken, die anders funktionieren. Ernährungssouveränität setzt auf die Dezentralisierung und Diversifizierung der Lebensmittelproduktion. Sie braucht kleinteilige, regionale Netzwerke, von Erzeuger*innen untereinander wie auch von Erzeuger*innen und Verbraucher*innen, die als freie Assoziationen politisch aushandeln, wie und was die Vielen erzeugen und essen wollen, und dies auch ökonomisch umsetzen. Landwirtschaftliche Produktions-, Reproduktions-, Zirkulations- und Konsumptionsbedingungen müssen ökologisch nachhaltig, sozial gerecht, demokratisch und daher vielfältig organisiert sein.
| mehr »