| Alle Artikel von Volker Woltersdorff

| Konzerne denken in Quartalen, Bauern in Generationen

Mai 2018
Von Volker Woltersdorff

Wer Ernährungssouveränität will, muss bäuerliche Strukturen stärken

In der städtischen Vorstellungswelt sind bäuerliche Betriebe ein Refugium jenseits kapitalistischer Verwertungsinteressen. Man muss nur auf die wirklichkeitsfernen Bilder in den Supermarktregalen und Werbeclips schauen. Tatsächlich aber ist die Landwirtschaft völlig durchkapitalisiert. Trotzdem ist die Sehnsucht nach einer anderen Landwirtschaft, in der eine Ökonomie der Sorge um das Land und seine Lebewesen über den Kapitalinteressen steht, nicht aus der Luft gegriffen. Sie stützt sich auf reale Bedürfnisse und auf eine konkrete, geschichtlich verankerte und enkeltaugliche landwirtschaftliche Praxis, die ich »bäuerlich« nennen will und die für das Ziel der Ernährungssouveränität zentrale Bedeutung hat. Denn wer ein Ende der Abhängigkeit des Lebensmittelsektors von den Kapitalinteressen einiger weniger Konzerne will, muss bäuerliche Strukturen stärken, die anders funktionieren. Ernährungssouveränität setzt auf die Dezentralisierung und Diversifizierung der Lebensmittelproduktion. Sie braucht kleinteilige, regionale Netzwerke, von Erzeuger*innen untereinander wie auch von Erzeuger*innen und Verbraucher*innen, die als freie Assoziationen politisch aushandeln, wie und was die Vielen erzeugen und essen wollen, und dies auch ökonomisch umsetzen. Landwirtschaftliche Produktions-, Reproduktions-, Zirkulations- und Konsumptionsbedingungen müssen ökologisch nachhaltig, sozial gerecht, demokratisch und daher vielfältig organisiert sein.
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| For a Queer Feminist Class Politics of Shame

Oktober 2017
by Volker Woltersdorff

It’s rather curious. A book in which the author, Didier Eribon (2013a), vehemently demonstrates that we always also experience class relations sexually, and that there is a class dimension inherent to every form of sexuality – indeed, that without this interrelation, one is not able to consider one thing nor the other – unexpectedly becomes a bestseller. The enthusiastic German reviews – with the exception of that by Dirck Linck (2016) in Merkur – overwhelmingly act once again as if one can be separated from the other. Often enough, they degrade the author’s homosexuality to the status of a footnote to a class analysis untouched by it. Yet the author himself asserts that shame is the mode of functioning of both sexual and class-specific stigmatization.[1] Why does that not lead to sounding out the sexual dimension of shaming in the countless professions of class-specific shaming following the publication of the book?
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| Für eine queerfeministische Klassenpolitik der Scham

August 2017
Von Volker Woltersdorff

Es ist schon seltsam. Da wird unerwartet ein Buch zum Bestseller, in dem der Autor Didier Eribon (2016) vehement darlegt, dass wir Klassenverhältnisse immer auch sexuell erfahren und dass jeder Form von Sexualität auch eine Klassendimension innewohnt, ja, dass er ohne diesen Zusammenhang weder über das eine noch das andere nachzudenken in der Lage ist. Die begeisterten Besprechungen – die von Dirck Linck (2016) im Merkur einmal ausgenommen – tun zum überwiegenden Teil doch wieder so, als ob sich das eine vom anderen schön trennen ließe.
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