| Was geschieht beim Aufeinandertreffen zweier Querschnitte?

Von Panagiotis Pantos

Die Memoranden, also die Vormundschaft durch das Ausland, rufen in jedem Land die Auflösung des alten politischen Systems hervor. In Griechenland haben sich die Rechte und die gemäßigte Linke bereits pulverisiert und sind nun auf der Suche nach Methoden für ihre Renaissance (derzeit eine Totgeburt, zumal das alte politische Personal auch weiterhin den Ton angibt, wie die Bewegung „Wir bleiben in Europa“ und die Kampagne für das „Ja“ beim Volksentscheid gezeigt haben). Auf der anderen Seite hat es die Linke geschafft, ihren Zusammenhalt über diesen gesamten Zeitraum zu wahren, schon weil SYRIZA, obwohl sie keine ganz neue politische Kraft darstellte, auch nicht völlig alt war. Doch die Niederlage der Regierung in den Verhandlungen mit der EU verändert die Sachlage, denn sie übt nunmehr auch auf SYRIZA Liquidationsdruck aus.
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| GRIECHENLAND-SPECIAL

»Europa ist nicht mehr wie zuvor« schreibt Mario Candeias gut ein halbes Jahr nach dem Wahlsieg von Syriza bei den griechischen Parlamentswahlen im Januar 2015. Ein langes halbes Jahr zwischen Aufbruch und Ernüchterung, das uns die Möglichkeit linker Wahlsiege und gesellschaftlicher Mobilisierungen genauso wie die engen Grenzen des autoritär-neoliberalen Europas drastisch vor Augen geführt hat. Mit der brutalen Erpressung der Regierung Tsipras durch die Troika und insbesondere die deutsche Regierung im Juli 2015 hat der Versuch mit dem Primat der Austerität zu brechen eine herbe Niederlage erlitten. Allerdings ist die Auseinandersetzung damit genauso wenig beendet wie die Krise, aber viele Fragen stellen sich neu – nicht nur für die griechische Linke sondern für Linke in ganz Europa.

Das Griechenland-Special der Luxemburg versammelt Texte vom Wahlsieg bis zur Debatte nach dem OXI und Memorandum.
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| »Wir haben ihre Macht unterschätzt«: Ein Insider der griechischen Regierung legt Details aus fünf Monaten »Erniedrigung« und »Erpressung« offen

Von Christian Salmon

Ein führendes Mitglied der griechischen Delegation, die mit den europäischen Geldgebern verhandelte, hat sich zu einem Treffen mit dem Mediapart-Korrespondenten Christian Salmon letzte Woche in Athen bereit erklärt. Unter der Bedingung, dass sein Name nicht veröffentlicht wird, sprach er detailiert über die langwierigen und harten Verhandlungen zwischen der im Januar gewählten radikal-linken Syriza-Regierung und den internationalen Geldgebern. Bei den Verhandlungen geht es hauptsächlich um die Bedingungen eines neuen Hilfspakets für das von Schulden geplagte Land.
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| Ja zur Demokratie, nein zur Austeritätspolitik in ganz Europa!

Von Thomas Sablowski

Angela Merkels Behauptung, die Gläubiger hätten Griechenland zuletzt ein »außergewöhnlich großzügiges Angebot« gemacht, ist ein schlechter Witz. Die Position der Gläubiger ist im Wesentlichen seit dem ersten Tag der Verhandlungen mit der neuen griechischen Regierung unverändert. Die Regierungen der Euro-Gruppe und die Troika von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission beharren bis heute auf einer Fortsetzung der Austeritätspolitik in Griechenland, insbesondere auf weiteren gravierenden Mehrwertsteuererhöhungen und Rentenkürzungen, die zu einer weiteren Verarmung der breiten Masse der griechischen Bevölkerung führen würden.
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| Transformative Macht: politische Organisierung im Umbruch

Von Hilary Wainwright

Der Artikel erschien bereits 2012 in einer längeren englischen Fassung unter dem Titel „Transformative Power: Political Organization in Transition“ in Socialist Register Vol.49.  Seine strategischen Fragestellungen, die also noch vor dem Sieg von SYRIZA bei den griechischen Parlamentswahlen im Januar 2015 formuliert wurden sind aber nach wie vor aktuell.

SYRIZA und die Dynamik gesellschaftlichen Wandels

Was SYRIZA von traditionellen linken Parteien unterscheidet, ist ihr besonderes Selbstverständnis: Die Partei will soziale Bewegungen nicht nur politisch repräsentieren, sondern ganz praktisch zu ihrem Aufbau beitragen. Kämpfe für soziale Gerechtigkeit direkt zu unterstützen und zu stärken hat entsprechend eine hohe strategische Priorität. In den Wochen nach dem ersten größeren Wahlerfolg im Juni 2012, in dem SYRIZA 71 Parlamentssitze erringen konnte, haben Führungsleute der Partei dies immer wieder betont. Es sei entscheidend, „den Menschen eine andere Vorstellung davon zu vermitteln, was sie erreichen können, und mit ihnen zusammen ein Gefühl für ihre potenzielle Macht zu entwickeln“, wie es Andreas Karitzis, einer der Schlüsselpersonen der Partei im Bereich politische Organisierung, in einem Gespräch formuliert. Der Partei gehe es zwar darum, die Staatsmacht zu übernehmen, dennoch sei klar, „dass das, was man in den Bewegungen und in der Gesellschaft vor der Machtübernahme tut, genauso auschlaggebend ist. 80 Prozent des angestrebten sozialen Wandels kann nicht von der Regierung ausgehen.“
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| Zwei Monate SYRIZA-Regierung: Schwierigkeiten und Herausforderungen

von Elena Papadopoulou und Michalis Spourdalakis

Die erste Verhandlungsrunde

Die von der neuen griechischen Regierung, den europäischen Institutionen und dem IWF am 20. Februar getroffene Vereinbarung ist nun einige Wochen alt und wir sollten uns vergewissern, wo wir stehen. »Wir« meint in diesem Fall nicht die Regierung, und auch nicht die Mitglieder oder WählerInnen von SYRIZA. Dieses »Wir« umfasst alle, die die Notwendigkeit einer starken, demokratischen Antwort auf den aggressiven Neoliberalismus und die den Menschen Europas durch ihn verordnete Austerität begreifen; alle, die im Wahlsieg SYRIZAs angesichts der konservativen und reaktionären Wende Europas einen Hoffnungsschimmer sehen.
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| Athen ist nur der Anfang. Von der Wiederkehr der Hoffnung auf Veränderung

Von Eva Völpel, Mario Candeias und Lukas Oberndorfer

Zum ersten Mal seit Beginn der weltweiten Finanzkrise, die 2008/09 begann, wird ernsthaft über eine Alternative zur autoritären Krisenbearbeitung und Kürzungspolitik diskutiert. Mit dem Wahlsieg von SYRIZA in Griechenland wurde eine linke Regierung in Europa in die Lage versetzt, eine Politik offensiv infrage zu stellen, die für soziale Verelendung, den Abbau von demokratischen und sozialen Rechten und Umverteilung von unten nach verantwortlich ist. Nun muss sich zeigen, ob es gelingen kann, diesen Moment für eine wirkungsvolle Verdichtung sozialer Proteste und des Widerstands in Europa und Deutschland zu nutzen.
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| Konsolidierung oder Zusammenbruch des europäischen Krisenregimes? Zu den Bedingungen und Problemen eines progressiven Kurswechsels in Europa

Von Etienne Schneider

Europa ist wieder in Bewegung – und die Linke schwankt zwischen Euphorie und Enttäuschung. Mit dem Wahlsieg Ende Januar hat SYRIZA selbst noch optimistische Prognosen übertroffen, inzwischen kann sich die Regierung in Griechenland sogar Unterstützungswerten von über 80 Prozent erfreuen. Gleichzeitig liefert sich Podemos in Spanien im Vorfeld der Wahlen im kommenden Herbst ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der konservativen Partido Popular. Die zwischenzeitliche Beruhigung der Krise seit Herbst 2012 wirkt angesichts des Deflationsrisikos im Euroraum, schwachen Wachstumsdaten in Deutschland und einer teilweise sogar einbrechenden Konjunktur in Frankreich rückblickend eher trügerisch, wie die Ruhe vor dem Sturm, vor der nächsten Episode einer Krise, die uns noch lange in Atem halten wird. Anders als beim Ausbruch der sogenannten Euro-Krise vor fünf Jahren gibt es nun aber mit SYRIZA und Podemos eine ernstzunehmende europäische Bewegung, die die Austeritätspolitik grundlegend in Frage stellt.
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| Herausforderungen für die griechische radikale Anti-EU-Linke

Von Panagiotis Sotiris

Der 25. Januar markiert einen Wendepunkt für Griechenland. Mit dem Wahlsieg SYRIZA’s ist das Ende der Austeritätsregierung von Nea Dimokratia und PASOK besiegelt. Die politische Landschaft hat sich damit dramatisch verändert. Dies ist das Ergebnis einer in Europa beispiellosen politischen Krise, die in einigen Momenten die Form einer hegemonialen Krise annahm. Der Teufelskreis aus Sparkurs–Arbeitslosigkeit–Rezession war in seinen Auswirkungen verheerend. Mit ihm entstand eine lang anhaltende Protestbewegung, die in einigen Augenblicken fast aufständische Formen annahm und als Katalysator fungierte für die tiefen Brüche in der politischen Repräsentation. In weiten Teilen der subalternen Klassen wuchs ein neues Gefühl der gemeinsamen Identität des Kampfes und Protestes – neue Formen der Politisierung und Radikalisierung entstanden.
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| Athens calling?

Von Moritz Warnke

Der europäische Frühling hat in Athen begonnen. Eine Woche nach der griechischen Wahl zogen 200.000 Menschen durch Madrid, das Motto: »Wir haben keine Angst mehr. Die Angst ist jetzt auf der anderen Seite.« Auf vielen Schildern las man ein einfaches »Tic Tac Tic Tac…«, um den Herrschenden zu signalisieren, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Und wen es beim Lesen dieser Worte nicht packt, der sollte sich die Rede von Pablo Iglesias auf youtube anschauen, Iglesias rief den Menschen auf dem übervollen Platz Puerta del Sol zu: »Von der Fähigkeit diesen Zeitpunkt zu nützen, hängt ab, was einer ganzen Generation widerfahren wird […] Madrid, Europa, 31. Januar 2015, Jahr des Wandels. Wir können träumen, wir können siegen!«
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