| Bewegung in der unternehmerischen Stadt

Von Margit Mayer

 Wie sich das Terrain verändert hat

Die Auseinandersetzungen, die heute im und um den städtischen Raum ausgetragen werden, unterscheiden sich in wichtigen Dimensionen von früheren. Urbane Proteste und Bewegungen manifestieren sich spätestens seit der Französischen Revolution, als solche wahrgenommen wurden sie erst ab den 1960er und vor allem 1970er Jahren, als Sozialwissenschaftler wie Manuel Castells und Henri Lefebvre sie zu Forschungsgegenständen machten und als politische Subjekte analysierten. Konzepte und Theorien über städtische Bewegungen wurden vornehmlich an den – heute würden wir sagen: fordistisch geprägten – Kontexten und Konflikten dieser Zeit entwickelt. Der fordistische Urbanismus war allerdings ein sehr spezifischer historischer Moment. Er prägte das Aufbegehren der Bewegungen gegen die technokratische Zurichtung und die daraus resultierende »Unwirtlichkeit unserer Städte« (Mitscherlich 1965).
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| Brief aus Katalonien – eine zweite Amtszeit für Ada Colau

Von Elia Gran

Vor drei Wochen schien es noch so, als würde Barcelonas linke Bürgermeisterin Ada Colau ihre Wiederwahl verfehlen. Nun ist sie für weitere vier Jahre gewählt.


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| Vergesellschaftung statt Eigentum. Die Wohnungsfrage bei Engels neu gelesen

Von Caren Lay und Hanno Bruchmann

Was man heute unter Wohnungsnot versteht, ist die eigentümliche Verschärfung, die die schlechten Wohnungsverhältnisse der Arbeiter durch den plötzlichen Andrang der Bevölkerung nach den großen Städten erlitten haben; eine kolossale Steigerung der Mietpreise; eine noch verstärkte Zusammendrängung der Bewohner in den einzelnen Häusern, für einige die Unmöglichkeit, überhaupt ein Unterkommen zu finden.“ (Friedrich Engels: Zur Wohnungsfrage, 1872)

Die Worte von Friedrich Engels klingen merkwürdig aktuell. Als vor 150 Jahren Engels’ „Wohnungsfrage“ im Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei „Der Volksstaat“ erschien, rauchten in den Städten die Schlote. Die Stadt des 19. Jahrhunderts stand für Schmutz und Rauch und das Versprechen des Fortschritts. Im Laufe der Industrialisierung siedelten sich immer mehr Arbeiter*innen um die städtischen Fabriken an. Sie wohnten in von Fabrikbesitzern errichteten Mietwohnungen. Ein enormes Bevölkerungswachstum und der Zuzug in die kapitalistischen Zentren beförderten eine große Wohnungsnot. Enge und die hygienischen Verhältnisse machten das Leben in den häufig überbelegten Wohnungen unwürdig.
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| Der Berliner Mietendeckel – ein Leuchtturmprojekt?!

Interview mit Gaby Gottwald

Alle sprechen vom Mietendeckel. Kannst du kurz erläutern, worum es genau geht?

Die LINKE Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen hat letzte Woche ihren in der rot-rot-grünen Koalition abgestimmten Entwurf für den so genannten Mietendeckel vorgelegt. Dieser soll aus einem Mieterhöhungsstopp und einer absoluten Deckelung bestehen. Konkret heißt das, dass es für die nächsten fünf Jahre in Berlin keinerlei Mieterhöhungen geben soll. Selbst bei Neuvermietungen wird die Miete auf die Höhe der Vormiete begrenzt. Außerdem – und das ist das zweite Element – wird eine absolute Miet-Obergrenze definiert – eben ein Deckel.


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| »… echtes Umsteuern in der Wohnungspolitik, darum geht es«.

Mit Katrin Lompscher

Gespräch über Mieterproteste, Wohnungsneubau und soziale Stadtentwicklung

Im letzten Jahr haben Zehntausende gegen den Mietenwahnsinn auf dem Berliner Wohnungsmarkt demonstriert. Schmerzt so eine Demonstration, wenn man Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen ist?

Ich war selbst auch bei dieser Demo, die meisten haben sich erfreut gezeigt, mich dort zu sehen. Ich habe mich über die große Beteiligung gefreut, zumal an dem Tag ja echtes Schietwetter war, wie wir uns erinnern.

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| »… wohin die Reise geht«. Öffentliche Investitionen im Gepäck: das Rucksack-Modell

Von Anne Steckner

Ungeachtet der brutalen Abschottungsversuche der «Wohlstandszonen» in Europa findet Migration statt. Zwar ist das «Recht zu bleiben» essenziell. Doch die nachhaltige Beseitigung der Ursachen von Flucht und Vertreibung ist unter den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen zeitnah nicht zu erreichen. Ohnehin machen Menschen sich auf den Weg, migrieren, seit eh und je, ob freiwillig oder erzwungenermaßen. Die Gründe dafür sind divers und individuell sehr unterschiedlich. Deswegen braucht es Konzepte, die die notwendigen Bedingungen in den Aufnahmegesellschaften herstellen und zugleich die Freizügigkeit der Migrant*innen ermöglichen – damit Migration weder zu verschärfter Konkurrenz führt, noch Migrant*innen zwischen den Ländern in Europa hin- und hergeschoben werden.
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| Die Katastrophe des Grenfell-Towers: Klassenpolitische Folgen der Austerität

Bei der Brandkatastrophe des Londoner Grenfell-Tower im Juni 2017 starben mindestens 80 Menschen – nur ein unfassbares Unglück? Oder ein Menetekel, ein ›Denkmal‹ für die Folgen einer Kürzungspolitik, hier am Beispiel der Vernachlässigten des sozialen Wohnungsbaus. Ursache des Brandes war wohl, dass bei der Modernisierung des Gebäudes ein Jahr zuvor die knappen Mittel für die Fassade und andere Schönheitsarbeiten eingesetzt wurden, aber an entscheidender Stelle, nämlich den Brandschutzmaßnahmen, gespart wurde. Auf eine Sprinkleranlage und Feuermelder wurde verzichtet.
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| „Dorn im Fleisch der Verwaltung“? Was Willkommensinitiativen mit der Krise sozialer Infrastruktur zu tun haben

Von Mira Wallis

„Die Flüchtlingskrise bringt für viele Kommunen eine dreifache Belastung: Sie sind hoch verschuldet, müssen einen ausgeglichenen Haushalt erreichen und dann auch noch die Flüchtlinge unterbringen. […] Man muss die Bevölkerung vorsichtig darauf vorbereiten, dass bestimmte Dinge [zusätzliche Sozialleistungen] zwar schön sind, wir sie uns in Zukunft aber nicht mehr leisten können.“ (zit. nach Welt, 27.1.16).

Mit diesen Worten warnte der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg im Januar 2016 im Vorfeld eines Treffens der Spitzenvertreter der Kommunen mit der Bundeskanzlerin vor massiven Einschränkungen in der kommunalen Infrastruktur, wenn die Zahl der Geflüchteten nicht reduziert würde.
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| Vergessene Orte. Die französischen Banlieues zwischen Revolte und Angst

Von Fabien Jobard

Wann immer in Deutschland von französischen Banlieues die Rede ist, stehen die Themen Kriminalität und Gewalt im Vordergrund. Auch in der Linken haben sich bestimmte Eindrücke festgesetzt: einerseits von rebellischen Jugendlichen, mehrheitlich mit Migrationshintergrund, die jeden Anlass dafür nutzen, mit ›disruptiven Mitteln‹ ihrer Gegnerschaft zum bestehenden System Ausdruck zu verleihen; andererseits eine deklassierte Arbeiterklasse, meist ohne Migrationshintergrund, die sich schon seit Langem von der Politik abgewendet hat und – wenn sie sich überhaupt zu Wort meldet – mit dem Front National sympathisiert und sich an dessen Versprechungen klammert.
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| Wie die Wohnungsfrage hinter Durchschnittswerten verschwindet

Von Sebastian Schipper

Das Thema Wohnen im fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2017

„Die Wohnsituation in Deutschland ist insgesamt gut“, heißt es auf Seite 41 in der Kurzfassung des fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, der im Frühjahr 2017 erschienen ist. Zu einem solchen Ergebnis kann man gelangen, wenn mit bundesweiten Durchschnittswerten hantiert und das Wesentliche, sprich die räumlich ungleiche Entwicklung von Mieten, Bodenpreisen und Wohnkosten (BBSR 2016), ausblendet wird.
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