| Die Welt verändern, das Leben ändern

Von Thomas Seibert

Kurzer Lehrgang zu einer Geschichte sozialer Kämpfe, die es zu entdecken und fortzuleben gilt

»Der einzige Kampf, der das Vergnügen lohnt, ist der Kampf der Individuen für die Konstruktion ihres Alltagslebens.«
Raoul Vaneigem, Situationistische Internationale

Wenn wir das richtige Leben im falschen zur Sache von Kämpfen um Lebensweisen machen, dann mag das in der aktuellen Transformationsdebatte neu sein: Solche Kämpfe selbst sind alles andere als neu. So kann die letzte große Epoche sozialer Kämpfe, die des Mai 68, als die Epoche verstanden werden, in der die verschiedenen sozialen Kämpfe erstmals ausdrücklich unter der Führung von Kämpfen um Lebensweisen standen.
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| Störfaktor der Ohnmacht

Interview mit Dick Boer und Bodo Ramelow

Die Linke und die Religion

Wir beobachten einen doppelten Trend von wachsender Säkularisierung – sinkende Mitgliederzahlen bei den institutionalisierten Religionsgemeinschaften, zugleich die Ausbreitung von ›Privatglauben‹ und esoterischen Spiritualismen – und eine wachsende Zahl religiös verbrämter politischer Konflikte. Was passiert da eigentlich?

Dick Boer: Das ist eine übrigens auch unter Intellektuellen neu aufgekommene Wertschätzung der Religion, nicht in ihrer institutionalisierten Form als Kirche, sondern als Religiosität, als Gespür für die Tiefendimension der Wirklichkeit, ein ›Etwas‹, das über die rational erkennbare Realität hinausgeht (in den Niederlanden als iets-isme, Etwasismus, bezeichnet). Damit ist nicht unbedingt Innerlichkeit gemeint, auch religiöse Rituale ›an sich‹ können als sinnvoll erfahren werden, ohne geglaubt werden zu müssen.
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| Wiederkehr des Verdrängten

Interview mit Stuart Hall

Religion erscheint vielen als ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Ein langer Abschied von der politischen Weltbühne war ihr vorausgesagt, so die gängige Auffassung von Säkularisierung. Doch ungeachtet dessen kann in den letzten Jahren eine Re-Formierung politisch religiöser Bewegungen beobachtet werden – von evangelikalen Massenkirchen, über die hindunationalistische Bewegung bis hin zum Islamischen Staat (IS). Teilweise sind sie es, die das globale neoliberale System herausfordern. Stuart Hall hat diese Entwicklungen vor einigen Jahren kommentiert. Wir dokumentieren hier erstmals in deutscher Übersetzung einen Ausschnitt aus einem Interview mit dem linken Kulturtheoretiker, der im Februar dieses Jahres verstarb.
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| Stuart Hall (1932-2014): Intellektueller der schwarzen Diaspora, Kämpfer wider den Neoliberalismus

Von Thomas Barfuss und Juha Koivisto

So wie die Ware glänzt und damit von den Umständen ihrer Erzeugung schweigt, so betreten auch die Ideen die Bühne medialer und akademischer Aufmerksamkeit oft wie aus dem Ei gepellt: Umstandslos scheinen sie aus anderen Ideen hervorgegangen, nicht aus der offenen Wunde der Geschichte. Solchem Ideen-Design hat sich Stuart Hall zeitlebens widersetzt.
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| Jenseits der Meuterei im Trockendock

Von Hans Thie

Fortsetzung »Debatte ökologisches Grundeinkommen«

»Science says: Revolt.« Unter diesem Motto referiert Naomi Klein (2013) die Einsichten von KlimaforscherInnen. Warum Revolte? Weil eine Politik der kleinen Schritte zu spät kommt. Vor 20 Jahren hätte evolutionärer Wandel vielleicht noch genügt. »Heute, nach zwei Jahrzehnten der Täuschung und der Lügen, verlangt die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels eine revolutionäre Änderung der politischen und ökonomischen Hegemonie«
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| Leben als Politik

Interview mit Asef Bayat

ÜBER DAS POLITISCHE IN DEN ALLTAGSPRAXEN DER SUBALTERNEN IN ÄGYPTEN

Die Revolutionen im Jahr 2011 haben den Blick auf die Gesellschaften des Nahen Ostens nachhaltig verändert. Über Jahre hinweg wurde die Region in vielen akademischen und politischen Diskussionen über die Stabilität autoritärer Herrscher definiert. Für die vermeintliche ›Duldsamkeit‹ oder ›Passivität‹ der Bevölkerungen wurden häufig religiöse oder kulturelle Gründe angeführt. Die tunesische Revolution, die in kurzer Zeit auf zahlreiche andere arabische Länder übergriff und mehrere Herrschaftssysteme hinwegfegte, andere in den Grundfesten erschütterte, wirft neue Fragen auf: Sind diese Revolutionen tatsächlich so überraschend ausgebrochen? Oder hat der hegemoniale Blick auf den Nahen Osten verhindert, die verschiedenartigen Kämpfe und Formen von Widerstand wahrzunehmen, die auch in den autoritären Regimes präsent waren?
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| Gehört das 21. Jahrhundert der Mittelklasse?

Diskussion mit Göran Therborn, Lothar Peter, Ingrid Kurz-Scherf Nicole Mayer-Ahuja Michael Vester

Göran Therborn

Gehört das 21. Jahrhundert der Mittelklasse?

Sicher gibt es eine Reihe von plausiblen Etiketten, die sich an das 20. Jahrhundert anheften lassen. In den Begriffen der Sozialgeschichte aber war es klar das Zeitalter der Arbeiterklasse. Erstmals wurden die eigentumslosen ArbeiterInnen eine große und nachhaltige politische Kraft. Das 20. Jahrhundert wurde – als Resultat von Kämpfen der Arbeiterklasse – zu einer Zeit der Angleichung der Klassen innerhalb der Nationen. Im 21. Jahrhundert jedoch konvergieren die Nationen, während die Klassen divergieren – eine historische Umkehr nicht nur in der Geopolitik, sondern auch in Bezug auf die Ungleichheit: Wir sehen seit den 1990ern eine Rückkehr der Klasse als mächtiger Determinante von Ungleichheit.
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| Kontrovers: Ehegattensplitting 2.0

Antje Schrupp vs. Katrin Mohr

Die feministische Bloggerin Antje Schrupp diskutiert mit Katrin Mohr – Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion die LINKE – über Perspektiven jenseits des Ehegattensplittings: “Splitting für alle” oder eigenständige Existenzsicherung im Rahmen eines egalitären Reproduktionsmodells?
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| Herrschaft als Knoten denken

von Frigga Haug

Märchen sind voll Weisheit zum Einen, voller Moral zum Zweiten und dunkel von Schweigen, dass wir detektivisch Neues entdecken können. Beginnen wir mit dem Fischer und seiner Frau. Obwohl es Spaß macht, den gleichen Refrain immer bedrohlicher zu wiederholen, kommt es hier nur auf das Gerüst an, damit wir die Bauweise auseinandernehmen können.
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| Wohlstand von links? Bilanz der Enquetekommission

das Gespräch führte Ulrich Brand

Gespräch mit den Kommissionsmitgliedern und Bundestagsabgeordneten Waltraud Wolff (SPD), Sabine Leidig (Die LINKE) und Hermann Ott (Bündnis90/Die Grünen)

Die Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Bundestages nahm im Januar 2011 ihre Arbeit auf. Die jüngsten Krisen hätten „eine grundlegende Diskussion über gesellschaftlichen Wohlstand, individuelles Wohlergehen und nachhaltige Entwicklung angestoßen. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Industriestaaten gibt es eine Debatte darüber, ob die Orientierung auf das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausreicht, um Wohlstand, Lebensqualität und gesellschaftlichen Fortschritt angemessen abzubilden.“[1]
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