| »Oh Gott!« – Luxemburg 2/2014

Weltweit eskaliert Gewalt, und fast überall sind es religiöse Spaltungen, an denen die Konflikte ausgerichtet werden. Es ist die Religion, die Menschen bewegt, Revolten befeuert und der Empörung über das wirkliche Elend eine Stimme gibt. Die Grenze zwischen Opium und Protestation ist nicht immer leicht zu ziehen. Und doch spielen auch auf der Seite der Emanzipation religiöse Kräfte eine Rolle: Papst Franziskus ist Teil einer neuen Kapitalismuskritik, die konziliaren Versammlungen bündeln globale Debatten um sozial-ökologische Transformation, und in den USA ist linke Gegenhegemonie ohne religiöse Komponente undenkbar.
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| Pikettys Big Data

Von Rainer Rilling

Im Unterschied zur linken, meist auf Armut fokussierten Bearbeitung der Verteilungs- und Ungleichheitsfrage steht bei Thomas Pikettys Capital (2014) die empirisch-historische Analyse der Entwicklung der obersten Einkommen und des damit verknüpften Reichtums im Mittelpunkt. Die internationale Forschungsgruppe, auf deren Arbeit der Band mit beruht, beansprucht, mit der World Top Income Database (WTID) die aktuell umfangreichste Datensammlung zur historischen Einkommens- und Vermögensforschung aufgebaut zu haben. Sie hat seit Anfang der letzten Dekade 22 Länderstudien publiziert, und 45 weitere sind in Arbeit. Die Analysen greifen überwiegend auf Steuerdaten zurück, da sie als einzige relativ konsistente lange Reihen ermöglichen. Von diesen schließen sie auf Einkommen (Dividenden, Zinsen, Vermietung etc.) aus Kapital und bewerten es nach Marktpreisen, wobei – falls vorhanden – auch andere Quellen herangezogen werden, sodass Aussagen über die Reichtumsentwicklung getroffen werden können.
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| Verankern, verbreitern, verbinden, aber wie?

Von Stefan Hartmann und Klaus Lederer

Fragen an den Parteientwicklungsprozess der LINKEN

Es stimmt: Die weitere Parteientwicklung muss mit einer Diskussion um deren strategische Orientierung verbunden werden. Nur durch »verankern, verbreiten, verbinden« (Kipping/Riexinger 2013) kann die LINKE politisch attraktiver und stärker werden: an Mitgliedern, WählerInnen und politischer Substanz, aber letztlich – und das ist entscheidend – in ihrer politischen Durchsetzungsfähigkeit. Die Frage ist, ob der in dem Papier von den Parteivorsitzenden gewählte Ansatz umstandslos geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen. Wir haben da einige Fragen und Bedenken, die wir – anhand von ausgewählten Handlungsfeldern – zur Diskussion stellen wollen.
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| Islamische Renaissance und arabische Linke

Von Malte Daniljuk

Was kommt nach dem kurzen Frühling?

Die Ereignisse des ›arabischen Frühlings‹ haben die Wahrnehmung der Region in der westlichen Öffentlichkeit verändert. Die Proteste und Aufstände in Nordafrika und im Mittleren Osten richteten sich dabei etwa in Ägypten, Bahrain, Jemen oder Libyen gegen formal sehr unterschiedlich verfasste Herrschaftsverhältnisse. Auch ihre politische Dynamik unterschied sich dementsprechend deutlich. Zum aktuellen Zeitpunkt bestimmen dort, wo die Umbrüche zunächst erfolgreich verliefen, zwei Szenarien den Ausgang der Unruhen in der arabischen Welt: Restauration oder Staatszerfall. Eine Ausnahme ist Tunesien, wo das linke sowie das liberale Lager nicht nur mit moderaten Islamisten, sondern auch mit alten Funktionären punktuell zusammenarbeiten.
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| Ziemlich falsche Freunde

Von Christoph Lammers

Rechtsreligiöse in Deutschland

Themen wie (sexuelle) Selbstbestimmung, Emanzipation und (sexuelle) Aufklärung galten weithin als ausgehandelt, als Teil eines liberalen Konsenses. Die 68er-Bewegung schien hier ihre Schuldigkeit getan zu haben. Aus Kinder, Küche, Kirche wurde Kinder, Küche, Karriere, und die Kirchen mussten ihre Deutungshoheit in Fragen des (familiären) Zusammenlebens und des Umgangs mit Sexualität zunehmend aufgeben. Diese Entwicklung gefällt nicht allen. Auseinandersetzungen über die genannten Themen stehen – für einige überraschend – heute wieder auf der Tagesordnung.
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| Sexarbeit ist Arbeit

Von Stefanie Klee

Jenseits des Hurenstigmas

Es ist kaum zwölf Jahre her, dass das Prostitutionsgesetz in Deutschland verabschiedet wurde und das Gewerbe von der »Sittenwidrigkeit« befreite. Es sollte Prostituierten bessere Arbeitsbedingungen sichern, es ihnen ermöglichen, ihren Lohn gerichtlich einzuklagen und in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Nun hat die große Koalition das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt und will die wenigen Errungenschaften schon wieder rückgängig machen. In der medialen Öffentlichkeit finden vor allem Forderungen nach einem generellen Prostitutionsverbot und einer Bestrafung der Freier Beachtung. SexarbeiterInnen kommen in dieser moralisierenden Erzählung in der Regel nur als willenlose, ausgebeutete Wesen vor, die es zu ›retten‹ gelte. Doch es gibt auch die anderen, in liberalen, linken, teils queer-feministischen Zusammenhängen geführten Diskussionen. Sie sind von einem solidarischen Impetus getragen und treffen doch nicht immer den Punkt.
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| Schwierigkeiten mit der Utopie

Von Uwe Hirschfeld

Gedanken zur Parteientwicklung der LINKEN

Zu den erfolgreichen Glaubenssätzen des Neoliberalismus gehört, es gäbe keine Alternative. Selbstverständlich stimmt das nicht. Doch sollte man es sich nicht zu leicht machen. Tatsächlich sind die Alternativen schwach: Nicht dass es keine konkreten Ansätze gäbe, aber sie sind schwach in dem Sinne, dass sie kaum über diese konkrete Ebene hinauskommen. So diffus und schwammig auch die neoliberale Propaganda ist, so sehr präsentiert sie sich doch als Lösung aller Weltprobleme. Genau das geht linken, sozialistischen Alternativen ab. Ihnen fehlt seit etlichen Jahren der Bezug auf ein zusammenhängendes, zukünftiges Modell von Gesellschaft und Welt. Ihre Alternativen sind zwar die richtigen, aber eben nur richtiges Stückwerk.
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| Modis Match

Interview mit Carsten Krinn

Indien nach der Wahl

Bei den Wahlen in Indien hat die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) eine absolute Mehrheit errungen, ihr Spitzenkandidat Narendra Modi, der bisherige Regierungschef von Gujarat, ist neuer Premierminister. Manche Leute sprechen von der Gefahr eines ›Hindufaschismus‹. Wie schätzt du das ein?

Tatsächlich ist das ein Begriff, der in der indischen Linken schnell in Bezug auf die BJP auftaucht. Vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte teile ich diese Analyse aus zwei Gründen nicht: Erstens setzt Faschismus im europäischen Verständnis eine politische Massenbewegung voraus. Diese gibt es in Indien nicht.
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| Die Tea Party als Klassenprojekt

Von Ingar Solty

Neoliberale Religiosität in den USA

Ein gängiger Mythos besagt, bei der Tea-Party-Bewegung handele es sich um eine rein rechtslibertäre, also marktradikale Bewegung, die mit der ›alten‹ Christlichen Rechten nichts gemein habe. Sie kümmere sich um Wirtschaftsfragen und individuelle Freiheit und pflege eine Abneigung gegen ›Bevormundung‹ aller Art – wie Besteuerung, die Regulierung von Schusswaffen und Drogengebrauch sowie kirchlich-religiöse (Moral-) Vorschriften. Die Christliche Rechte hingegen sei eine Bewegung des Wertekonservatismus, die insbesondere (religiöse) Bevormundung anstrebe.
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| Pikettys Big Data

Von Rainer Rilling

Im Unterschied zur linken, meist auf Armut fokussierten Bearbeitung der Verteilungs- und Ungleichheitsfrage steht bei Thomas Pikettys Capital (2014) die empirisch-historische Analyse der Entwicklung der obersten Einkommen und des damit verknüpften Reichtums im Mittelpunkt. Die internationale Forschungsgruppe, auf deren Arbeit der Band mit beruht, beansprucht, mit der World Top Income Database (WTID) die aktuell umfangreichste Datensammlung zur historischen Einkommens- und Vermögensforschung aufgebaut zu haben. Sie hat seit Anfang der letzten Dekade 22 Länderstudien publiziert, und 45 weitere sind in Arbeit.
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