| Von Seattle nach Kopenhagen – Herausforderungen der globalen sozialen Bewegungen

von LuXemburg

wto
Seattle, 30.11.1999. Foto: Dang Ngo

Pünktlich zum Jahrestag des berühmten WTO Treffens in Seattle vom 30. November 1999 erhielt die Redaktion ein Manifest von Franco “Bifo” Berardi, italienischer Aktivist und Intellektueller seit den frühen siebziger Jahren, mit dem Titel Ten years after Seattle. One strategy, better two, for the movement against war and capitalism. ‚Seattle’ überraschte damals mit breiten militanten Protesten gegen das WTO Treffen. Es gelang, ein weiteres Abkommen zu ungunsten des Globalen Südens zu verhindern und die ökonomischen und ökologischen Folgen der neoliberalen Globalisierung zu skandalisieren. ‚Seattle’ symbolisiert seitdem gewissermaßen den kraftvollen Neubeginn der Kämpfe gegen kapitalistische Globalisierung.

Zehn Jahre später, bezieht Berardi radikal Stellung gegen diese Erfolgserzählung.
| mehr »

| Zehn Jahre nach Seattle: Rückzug in sichere Häfen

Von Franco »Bifo« Berard

Wir sehen einer langen Periode mönchhaften Rückzugs entgegen und müssen zugleich mit der Möglichkeit einer plötzlichen Verschiebung der globalen politischen Landschaft rechnen. Im November 1999 begann eine politische-ethische Rebellion: der Protest unterschiedlicher Gruppen aus aller Welt gegen die Folgen kapitalistischer Globalisierung, sozialer und ökologischer Zerstörung kristallisierte sich an diesem Ort des WTO-Gipfels. In den folgenden zwei Jahren entwickelte eine globale Bewegung eine effektive Kritik neoliberaler Politiken und machte Hoffnung auf einen radikalen Wandel. Dann, nach dem G8-Gipfel in Genua, bricht die Erzählung um –  Krieg rückte in den Vordergrund.


| mehr »

| Die Klöster der Militanten

von Thomas Seibert

Jede/r kennt das: man liest einen Text, stimmt fast jedem Satz zu und weiß trotzdem schon kurz danach nicht mehr, worum es eigentlich ging. Es gibt Autor/innen, deren ganze Produktion aus solchen Texten besteht. Bifo gehört nicht zu ihnen, das zeigt sich auch in Zehn Jahre nach Seattle. Dem widerspricht nicht, dass ich seinen »Punkt« so nicht teile. Nein, unsere Situation lässt sich nicht mit der des europäischen Mittelalters vergleichen. Nein, das Empire versinkt nicht im Chaos – und das, obwohl die Phänomene, die Bifo anführt, wirklich vorliegen.
| mehr »

| Wie institutionalisiert man einen Schwarm?

von Ben Trott und Tadzio Müller

Ereignisse, so der französische Philosoph Alain Badiou, sind Zäsuren, sind Brüche, die ein klares ›Davor‹ und ein klares ›Danach‹ produzieren, wobei das ›Danach‹ nicht innerhalb des Ereignisses vorhergesehen werden kann. ›Seattle‹ war ein solches Ereignis, das den normalen Fluss der Dinge unterbrach: Für viele unerwartet wurde eine anscheinend hegemoniale globale Herrschaftsstruktur unterbrochen und gestört. Verantwortlich dafür zeichnete sich ein neues, vielfältiges, antagonistisches Subjekt: ein Subjekt, das später viele Namen haben sollte, aber doch am besten mit dem französischen Begriff des mouvement altermondialiste beschrieben ist – Bewegung für eine andere Globalisierung.
| mehr »

| Gegen-Hegemonie statt Kloster

Von Ulrich Brand

In der aktuellen Krise ist eine plausible und praktisch auszuprobierende Wachstumskritik ein Feld, auf dem eine emanzipatorische, sozial-ökologische Fragen ernst nehmende Linke etwas bewegen kann. Ich teile Bifo Berardis Annahme, dass wir einen globalen Kriegszustand haben und die emanzipatorischen globalen sozialen Bewegungen – den weltweiten Anti-Kriegsdemonstrationen am 15. Februar 2003 zum Trotz – wenig ausrichten können. Ich teile auch die Diagnose, dass die Bewegungen in Westeuropa hinsichtlich alternativer Formen der Vergesellschaftung wenig erreicht haben und, das zeigen die aktuellen Krisenpolitiken, ihnen kaum ein Eingriff in die neoliberalen Kräfteverhältnisse gelingt.
| mehr »

| Von Seattle nach Kopenhagen: Wird Afrika erneut ein schlechtes Abkommen blockieren können?

von Patrick Bond

Das ist der zentrale Punkt, den wir aus Seattle lernen sollten: Verhandlungen zu verlassen – zusammen mit Gruppen der Zivilgesellschaft – und damit schlechte Abkommen zu verhindern.

Zwei wichtige Dinge sollten Regierungschefs wie auch Aktivisten und Aktivistinnen afrikanischer Zivilgesellschaften aus den zehn Jahren seit Seattle gelernt haben: Wenn sie zusammenarbeiten können sie das System der Global Governance zu sprengen, ihm wesentliche Zugeständnisse abringen. Einem System das auf die kurzfristigen Interessen des Globalen Nordens aus- und gegen die langfristigen (Überlebens-) Interessen des Globalen Südens gerichtet ist.
| mehr »

| Klöster oder Mobilmachung? Seattle und die Bewegungsfrage

von Ian Greer

Während selbstverständlich Verbündete nicht immer einer Meinung sind, zeigt die Geschichte von Seattle, dass Koalitionen zwischen Leuten, die auf jede Weise anders gesinnt sind, sich dennoch als sehr produktiv erweisen können. Diese neuen Konzepte, die soziale und ökologische Ziele miteinander verbinden, können sich jedoch nicht getrennt von der wirklichen Politik entwickeln.

| mehr »

| Ein klösterlicher Rückzug ist nicht möglich. Zur Debatte Soziale Bewegungen

Von Nicola Bullard

Ein Blick in die Ausgabe von Focus on Trade (Nr. 42), die direkt nach dem Scheitern der WTO-Verhandlungen 1999 erschien, zeigt: nicht triumphierender Jubel über die Erscheinung einer Antiglobalisierungsbewegung charakterisiert Walden Bellos einleitenden Beitrag, sondern eine sorgsame Wiedergabe des Scheiterns der Gespräche an den Streitpunkten Transparenz, Umwelt- und Arbeitsstandards und einer verärgerten afrikanische Delegation. Die beeindruckenden Demonstrationen werden selbstverständlich erwähnt, etwa der Marsch der 1000 zum Bezirksgefängnis, um die Freilassung von mehr als 400 Aktivisten zu fordern. Aber es gibt keinen Hinweis auf eine Art Folklore bzw. den Mythos des sog. Battle of Seattle.


| mehr »