| Spielräume nutzen. Wo linke Wohnungspolitik auf der Bundesebene ansetzen kann

Von Armin Kuhn

Durch den anhaltenden Anstieg der Mieten und Immobilienpreise scheint die Verwandlung der Innenstädte in sterile Wohlstandsinseln vorgezeichnet. Der zunehmende Ausschluss derjenigen, die ohnehin nur schwer Zugang zu Wohnraum finden, ist nicht nur eine Katastrophe für die unmittelbar Betroffenen. Wenn nachbarschaftliches Leben und damit oft existenziell wichtige Netzwerke der gegenseitigen Unterstützung zerstört werden, wenn sich Unterschiedliches nicht mehr auf der Straße begegnet, wenn Feuerwehrleute, Krankenpfleger*innen oder Erzieher*innen nicht mehr annähernd in der Nähe ihrer Arbeitsplätze wohnen können, dann ist städtisches Leben als Ganzes gefährdet.
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| Deutsche Wohnen & Co. enteignen – worum geht’s?

Moritz Warnke für die Redaktion

Die Initiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« will Unternehmen mit mehr als 3 000 Wohnungen in Berlin enteignen. Die Wohnungen sollen nach Art. 15 Grundgesetz vergesellschaftet werden und würden in kommunalen Besitz übergehen. Über diesen Vorschlag sollen die Berliner*innen in einem Volksentscheid abstimmen. Worum es genau geht, erklären wir in unserem kurzen FAQ:

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| ABC der Transformation: Revolutionäre Realpolitik

Michael Brie & Mario Candeias

Revolutionäre Realpolitik I (Von Micha Brie):

Es gibt einen quälenden Widerspruch, der viele Linke umtreibt: Sie wissen, wie notwendig und unverzichtbar grundlegende gesellschaftliche Veränderungen sind. Sie engagieren sich, weil es an elementarer Gerechtigkeit fehlt, weil Milliarden von Menschen kein würdiges Leben führen können, weil die kapitalistische Wachstumsmaschine in die ökologische Katastrophe führt, weil über die elementarsten Fragen nicht demokratisch entschieden werden kann, weil Menschen illegalisiert leben, weil Kriege ganze Gesellschaften zerstören. Aber real können sie nur wenig bewirken.
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| Eine neue Zivilisation

Von Alex Demirović

Rosa Luxemburg löst bis heute unversöhnliche Reaktionen aus. Vielen in der Führung der SPD war sie zu radikal und zu demokratisch. Das war auch unter ihren Nachfolgern in der Führung der KPD der Fall. Von Ruth Fischer wurde ihr Verständnis von Freiheit als Freiheit der anderen als ein »Syphilisbazillus« diskreditiert. Aus demselben Grund schloss Ernst Thälmann sich dem Urteil Stalins an, demzufolge der »Luxemburgismus« aufs Schärfste zu bekämpfen sei, weil er einen Übergang zur bürgerlichen Ideologie und zum Sozialfaschismus bilde (vgl. Bierl 1993, 9f). Der Extremismusforscher Eckhard Jesse wiederum kritisiert, dass Luxemburg aufgrund ihrer Kritik an Lenin und ihres Freiheitsverständnisses vielen Linken als eine Art Lichtgestalt und Vertreterin eines demokratischen Sozialismus gelte. Doch viele hätten sich nur Illusionen gemacht.
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| Trotz allem! 
Einstiege in eine feministische Transformation

Von Margarita Tsomou

Ich sage es nicht gern, aber ich muss es zugeben: #MeToo war eine Revolution. Ich sage es deshalb nicht gern, weil ich als aktive Feministin Diskussionen um »No Means No« und Alltagssexismus immer als eine Art Einstieg in den Feminismus betrachtet habe. Deswegen verspüre ich heute eine Art enttäuschte Verwunderung darüber, dass Debatten um sexuelle Belästigung für so viel Wirbel sorgen können – als hätte die Öffentlichkeit zum ersten Mal davon gehört! Als hätte die Frauenbewegung nicht spätestens seit den 1970er Jahren sexuelle Gewalt zu einem zentralen Punkt einer feministischen Agenda gemacht. Und als hätten wir uns nicht in überwiegend unbezahlter Arbeit die Finger wundgeschrieben, um Sexismus breiter zu denken als den Kampf zwischen zwei Geschlechtern. Insofern halte ich nichts von der Fixierung auf Heterosexualität und dem Spektakel, das in den #MeToo-Debatten mitschwingt. Dennoch erleben wir gerade, wie sich diese der patriarchalen Heteromatrix anhaftenden Gewissheiten gegen das Patriarchat selbst richten. Also bin ich bereit, den Schritt mitzugehen und ihn produktiv zu machen, unter der Bedingung, dass weitere Schritte folgen werden. #MeToo muss nicht, kann aber als Einstieg in Debatten fungieren, die über Fragen der sexuellen Belästigung hinausweisen, die die unsichtbaren Dynamiken von Benachteiligung und Ausbeutung thematisieren und diese mit einer Kritik an der Funktion von geschlechtlicher Arbeitsteilung im Kapitalismus verbinden.
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| Dein Geschlecht gehört Dir, Proletarier*In! Wie wir den Klassenkampf verqueeren können

Von Atlanta Ina Beyer

In linken Debatten wird häufig zwischen queeren Identitäts- und Klassenpolitiken unterschieden. Im richtigen Leben ist das Ganze freilich komplizierter. Denn auch queere Subjekte gehören sozialen Klassen an. Das Prekariat ist weder durchweg heterosexuell, noch lässt
 es sich immer nur einem von zwei binären Geschlechtern zuordnen. Aber auch in der Debatte um »verbindende Klassenpolitiken« bleiben queere Perspektiven bislang meist ausgeblendet. Ein Problem der Bestimmung neuer Klassenpolitiken ist, wer als Klasse vorgestellt wird. Politiken der Repräsentation sind dabei bedeutsam: Repräsentation meint Darstellung, Vorstellung und Vertretung, die Spannweite des Begriffs reicht von der Ästhetik bis zur Politik (Schaffer 2008, 83). Diese Ebenen sind ohne einander nicht zu denken.
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| Juristin und Marxistin – alltägliche Diskrepanz

Von Anne-Kathrin Krug

Als ich von der Redaktion die Anfrage bekam, einen Text darüber zu schreiben, was es heißt als Juristin Marxistin zu sein, fiel mir sofort ein, dass Marx ja auch ein wenig Jura studiert hat, aber schon sehr bald entschieden hatte, dass er nicht bei rechtskritischen Reflexionen stehen bleiben könne, sondern den Forschungsgegenstand ganz wechseln müsse. Bekanntermaßen hat er sich dann der politischen Ökonomie zugewandt.
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| Marx global?

Von Gayatri Chakravorty Spivak

Seit 1978 hat meine Lehre zu Marx wenig Forschungsliteratur behandelt, sie war aber interaktiv und darum bemüht, mit einer sich wandelnden und vielfältiger gewordenen Welt Schritt zu halten, auch im Bewusstsein darum, dass Marx’ Text auf deutsch geschrieben wurde. Großartige Projekte wie David Harveys Fernunterricht zur Einführung in Marx’ Schriften (2016) sind unterdessen zu Komplizen eines technologischen Willens zur Macht durch Wissen geworden. Was heißt es, zu „wissen“, was Marx geschrieben hat?
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| Marxte noch mal?! − LUXEMBURG 2-3/2017

Am 5. Mai 2018 wäre Karl Marx 200 geworden. Viele feiern ihn als großen Denker, einen der größten vielleicht, aber als einen, der uns heute nichts mehr zu sagen hat, als »toten Hund«. Andere rühmen seine Krisentheorie, entnennen aber seine politischen Perspektiven. Wieder andere versuchen, die von ihm und Engels inspirierte »wirkliche Bewegung«, den Kommunismus, für Realsozialismus, Gräueltaten und Gulag verantwortlich zu machen. Sie brandmarken damit jede Sehnsucht nach einer anderen, nicht-kapitalistischen Zukunft als gefährlich. Selbstverständlich bedarf es einer kritischen (Selbst-)Reflexion einer an Marx anschließenden Praxis, aber auch ihrer kritischen Rückgewinnung, einer Wiederaneignung seines Denkens und Handelns für eine radikale Perspektive der Befreiung. Als Kompass für das Einfache, das so schwer zu machen ist, für eine Praxis, deren Maxime es ist, »alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«.


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| Marx und die Internationale Arbeiterassoziation. Wie er die Fäden zusammenhielt

Von Manfred Neuhaus

Als vor 150 Jahren, im September 1867, der erste Band des „Kapitals“ erschien, stand Autor Marx – seit der gescheiterten europäischen Revolution von 1848/49 Journalist und Privatgelehrter in London − im Zenit einer erstaunlichen politischen Karriere. Sie begann in den Abendstunden des 28. September 1864, als briti­sche Gewerk­schafter, französische, deutsche, italienische, polnische und irische Arbeitervertreter und politische Emigranten aus verschiedenen Ländern des Kontinents – Chronisten beziffern die bunte europäische Melange auf 2000 Teilnehmer – in der Londoner St. Martin’s Music Hall, unweit des Trafalgar Square, ein geradezu verwegenes Projekt aus der Taufe hoben:
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