| Das Politische der Bildung

Von David Salomon

Fallstricke kritisch-emanzipatorischer Bildungsarbeit

Ein zentrales Problem beim Reden über kritisch-emanzipatorische Bildung besteht darin, dass hier drei Begriffe zusammengeführt werden, die schon deshalb dubios sind, weil sich kaum jemand finden lässt, der das durch sie Bezeichnete ablehnt. Kritik, Emanzipation und Bildung sind »Fahnenwörter«, wie der Linguist Clemens Knobloch bemerkt, also Floskeln, die etwas bezeichnen, das man gut finden soll.
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| Strategisches Lernen

Von María do Mar Castro Varela

 

»I came to theory because I was hurting –
the pain within me was so intense that I could not go on living.
I came to theory desperate, wanting to comprehend –
to grasp what was happening around me.
Most importantly, I wanted the hurt go away.«
(hooks 1994, 59)

An einer Stelle ihres Werkes bemerkt die postkoloniale Theoretikerin Gayatri Chakravorty Spivak, dass es darum gehen müsse, Privilegien als einen Verlust zu betrachten. Dies dreht die Vorstellung um, dass es vor allem darum gehe, Privilegien abzugeben und/oder sich dieser zu schämen. Die Idee, Privilegien als Verlust zu betrachten, erkennt, dass diese, bleiben sie unreflektiert, das kritische Denken vernebeln und die Imaginationshorizonte einschränken.
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| Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Von Julika Bürgin

Emanzipatorische Bildung in der Krise Ihrer Voraussetzungen

Emanzipatorische Bildung zieht ihre Energie aus emanzipatorischen Bewegungen und Praktiken. Sie ist stark in Zeiten starker Demokratie, in denen der Demos um Demokratisierung kämpft. Aus der politischen und sozialen Praxis (die im besten Falle selbst Bildungsprozesse ermöglicht) entstehen Fragen, die aufzuklären sind. Die Praxis bringt Menschen zusammen, die miteinander etwas klären wollen, um etwas zu bewegen. Greifbare Ziele und die Aussicht auf ihre Verwirklichung machen die Anstrengungen von Bildung lohnenswert.1

Und heute? Die gesellschaftlichen Voraussetzungen emanzipatorischer Bildung lassen sich als dreifache Krise beschreiben: als Krise der Demokratie, als Krise gesellschaftlicher Emanzipationsprojekte und als Krise konkreter Utopien.
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| Kämpfe gegen die Dummheit

von Alex Demirović

Von Elfenbein- und Leuchttürmen

Für die Linke und alle, die an der Entwicklung kritischen und emanzipatorischen Wissens interessiert sind, ist der neoliberale Umbau der Hochschulen, wie er sich seit gut zwanzig Jahren vollzieht, alarmierend. Denn in der Form des Wissens und in der Art, wie es beschaffen und zugänglich ist, gibt sich eine Gesellschaft an die Zukunft weiter. Gegen ihre historische Tendenz wurden die Hochschulen seit den 1950er Jahren wichtige Orte für kritische Theorie.
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| Was kann Bildung von links?

Interview mit Stefan Kalmring, Katrin Reimer-Gordinskaya und Heinz Hillebrand

Gespräch über Leitfäden, Subjektorientierung und Emanzipation

Was ist linke Bildungsarbeit? Und was versteht ihr unter emanzipatorischer politischer Bildung?

STEFAN KALMRING: Politische Bildung ist mit einer Entwicklung konfrontiert, die nicht nur das Emanzipatorische, sondern auch das Politische zu verdrängen droht. Konzepte wie Diversity bringen Kernprobleme zum Verschwinden: Bestimmungen von Herrschaft, Macht oder Interessen scheinen darin zwar aufgehoben, sind es aber nur in entleerter Form. Wo Bildungsziele wie Mündigkeit oder Gerechtigkeit durch Leitmotive wie Beschäftigungsfähigkeit oder Teilhabe ersetzt werden, verliert Bildung ihren emanzipatorischen Anspruch. Bildung sollte aber ›gefährlich‹ sein, um eine Formulierung des US-amerikanischen Historikers Howard Zinn zu benutzen. Sie sollte auf die Kritik und Überwindung von Herrschaft zielen und zwar sowohl gesamtgesellschaftlich als auch im Bildungsprozess selbst.
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| POLITISCHES LERNEN IM ALLTAG…

Von Uwe Hirschfeld

…und wie es sich organisieren lässt

I Wenn Carolin morgens aufsteht und in die Zeitung schaut, lernt sie. Wenn Sebastian vor dem Spiegel steht und die Spuren der durchzechten Nacht sieht, lernt er. Wenn Hugo zum dritten Mal in den Keller geht, um etwas zu holen, lernt er. Wenn Elisabeth wieder den Schulbus verpasst, lernt sie.
Unser Alltag ist voller Lernsituationen, wir können gar nicht anders, als ständig zu lernen. Interessant ist, was wir lernen. Vielleicht lernt Carolin bei der Zeitungslektüre, dass es gut gewesen wäre, schon gestern die Konzertkarten zu bestellen – heute sind sie schon ausverkauft. Vielleicht lernt sie auch, dass die Welt voller Krieg und Gewalt ist und sie doch lieber das Zeitungsabo kündigen will. Und Sebastian? Und Hugo? Und Elisabeth? Sie alle lernen beständig etwas, mal bestätigen sie sich ihre Einstellungen und ihr Verhalten, mal fassen sie Vorsätze, anders zu handeln. Sie bewegen sich in ihrem Alltag lernend so, dass sie ihn bewältigen können. Dass ist für viele Menschen keineswegs so einfach, wie es die Beispiele vielleicht denken lassen.
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| Im Zweifel Populismus

Ein Gespräch mit Alberto Garzón und Íñigo Errejón

Gespräch über Podemos und die Gefahren populistischer Politik

Beide Gesprächspartner gehen für Spanien von einer »populistischen Situation« aus, interpretieren den Impuls der 15M-Bewegung jedoch unterschiedlich. Íñigo Errejón hält populistische Elemente wie den Begriff der »echten Demokratie« oder auch den der »Kaste«, wie er in den spanischen Auseinandersetzungen verwandt wird, um den Gegner zu markieren, für politisch wichtig. Solche »leere Signifikanten« (Laclau/Mouffe) seien zentral, um einen neuen »Volkswillen« (Gramsci), einen gemeinsamen Bezugspunkt der Subalternen zu konstituieren. Garzón verweist dagegen auf die Gefahren, die solche populistisch konstitutierte Gemeinsamkeiten mit sich bringen: Diese seien notwendig sehr allgemein und unscharf in der Analyse der zu bearbeitenden Probleme. Auch bewegen sie sich jenseits von Differenzen innerhalb der Subalternen. Nach der populistischen Situation müssen jedoch auch die nächsten Schritte gegangen, Perspektiven tatsächlich verbunden werden. Dies sei eine große Herausforderung.
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