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»Erst kommt das Fressen« – LuXemburg 1/2018


Wie und was wir essen, wird oft als moralische Entscheidung oder persönliche Geschmacksfrage verhandelt. Wer keine Lust auf die individuelle Suche nach dem richtigen Essen im falschen System hat, schiebt die Frage gern beiseite, gerade als Linke*r. Doch wirkliche gesellschaftliche Veränderung geht nicht ohne eine Revolution unseres Essens. Die Krisen und Verwerfungen des globalen Kapitalismus sind eng mit den Umbrüchen eines von Konzernen dominierten Ernährungssystems verknüpft. So ist rund ein Drittel der erwerbsfähigen Weltbevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt. Die neuen Landnahmen und die Marktmacht der Lebensmittelindustrie zerstören natürliche Ressourcen und lokale Versorgungssysteme auf der ganzen Welt. Abgehängte ländliche Räume bieten auch autoritären populistischen Bewegungen einen Boden, die »traditionelle« Lebensweisen verteidigen wollen.

Es zeigt sich: Das globale Ernährungssystem scheitert nicht nur an dem Anspruch, die Welt satt zu machen. Es schafft auch neue Abhängigkeiten und untergräbt die Selbstbestimmung von Staaten und lokalen Gemeinschaften. Es sind die Bewegungen von Landlosen und Kleinbäuer*innen im globalen Süden, die sich seit Jahrzehnten für »Ernährungssouveränität« stark machen. Für sie ist der Kampf gegen das Ernährungsregime der Konzerne ein Kampf um Demokratie. Auch hierzulande regt sich Widerstand gegen die Nahrungsmittelindustrie, nicht erst seit den »Wir haben es satt«-Demonstrationen. Wie lässt sich diese Kritik von links aufgreifen und zuspitzen?

LuXemburg 1/2018 fragt danach, was »Ernährungssouveränität« für ein linkes Transformationsprojekt leisten kann. Wie sehen Alternativen zu einem Markt des Fressens und Gefressenwerdens auch jenseits von Nischen aus? Wie geht »bio für alle« und wer kämpft dafür? Wie wird eine Bewegung für gutes Essen auch zur Bewegung für gute Produktions- und Arbeitsbedingungen? Wie lassen sich Verbraucher*innen politisieren und was können wir von globalen Bewegungen für Ernährungssouveränität lernen?  

 

Inhalt

Editorial

Bildstrecke: Unser tägliches Brot [3]
Von Henk Wildschut

Mehr als satt

Im Bauch der Bestie [4]
Warum das Ernährungssystem uns übel aufstößt
Von Philip McMichael

Das Recht, Nein zu sagen [5]
Was der Kampf um Ernährung mit Feminismus zu tun hat
Von Christa Wichterich und Kalyani Menon-Sen

Radikal und unterschätzt [6]
Warum Ernährungssouveränität eine linke Transformationsstrategie ist
Von Steffen Kühne und Benjamin Luig

Luxemburg Online: Queerfeldein [7]
Warum die bäuerliche Bewegung keine Monokultur ist
Von Paula Gioia und Sophie von Redecker

Schwere Kost

Äcker als Assets [8]
Wie die Landwirtschaft zum Finanzprodukt wird
Von Estêvão Nascido do Ventre

Zu viel und zu wenig [9]
Warum unser Essen krank macht
Von David Sanders

Agrarpopulismus von rechts oder links? [10]
Wie wir um den ländlichen Raum kämpfen müssen
Von Saturnino M. Borras

Abgehängt [11]
Wie die EU­-Politik den ländlichen Raum ins Abseits drängt

Kulinarische Teilhabe

Interview: »Wir haben nicht satt« [12]
Wie eine Erwerbsloseninitiative für gutes Essen streitet
Mit Michael Bättig

Hartz-­IV-­Menü und Feinkosttheke [13]
Warum es beim Essen um mehr geht als ums Sattwerden
Von Daniel Kofahl

Bildstrecke: Arbeit und Leben (pdf) [14]
Von Alexander Labrentz

Essen ist politisch [15]
Warum immer mehr Menschen es satthaben
Von Jürgen Maier

Luxemburg Online: Weltrettung im Supermarkt [16]
Wie ethischer Konsum ein unethisches System stützt
Von Kathrin Hartmann 

Boden gutmachen

Interview: Wer das Feld bestellt [17]
Wie Wanderarbeiter*innen um ihre Rechte kämpfen
Mit Katharina Varelmann

Aufstand am Anfang der Lieferkette [18]
Wie sich prekär Beschäftigte in Südafrika neu organisieren
Von Ronald Wesso

Luxemburg Online: Landlose Bewegung [19]
Wie weiter mit der MST in Brasilien?
Von Ana Alvarenga de Castro

Luxemburg Online: Gegen die große Enteignung [20]
Wie um Afrikas Saatgut gekämpft wird
Von Michael Farrelly

Blühende Landwirtschaften

Vielfalt statt Monokultur [21]
Wie geht linke Agrarpolitik?
Von Kirsten Tackmann und Linda Rehmer

Konzerne denken in Quartalen, Bauern in Generationen [22]
Weshalb bäuerliche Strukturen gestärkt werden müssen
Von Volker Woltersdorff

Interview: Über die Nische hinaus [23]
Wie eine Graswurzelbewegung Alternativen zum Markt aufbaut
Mit Stephanie Wild

Wem gehört der Boden? [24]
Wie eine Alternative zur neuen Landnahme aussieht
Von Plan B konkret

Luxemburg Online: Gute Agrarstrukturen sichern [25]
Wie wir Landgrabbing in Deutschland verhindern
Von Frieder Thomas

Andere Felder

»Nichts zu verlieren als ihre Ketten«? [26]
Wie imperiale Lebensweise und Neue Klassenpolitik zusammengehen
Von Ulrich Brand und Markus Wissen

Luxemburg Online: Warum die imperiale Lebensweise die Klassenfrage ausblenden muss [27]
Von Thomas Sablowski

Deglobalisierung als Chance [28]
Wie die Linke aus der Defensive kommt
Von Samuel Decker

Interview: »Die Fragen des Alltags sind Klassenfragen« [29]
Wie linke Studierendenpolitik 50 Jahre nach 1968 aussehen kann
Mit Rhonda Koch

Luxemburg Online: Ein neuer Aufbruch [30]
Was wir aus dem Mai-Manifest von 1968 lernen können
Von Owen Jones

Luxemburg Online: Hegemonie in der Krise [31]
Warum Trump das Machtvakuum nicht füllt
Von Nancy Fraser

Luxemburg Online: ABC der Transformation: Passive Revolution [32]
Von Mario Candeias

Luxemburg Online: HKWM-Stichwort: Klassenbewusstsein [33]
Von Klaus Dörre und Rüdiger Dannemann 

LuXemburg Online: Wiedergelesen:  ›Rasse‹, Artikulation und Gesellschaften mit struktureller Dominante [34]
Von Stuart Hall

RosaLux kompakt: Was kommt [35] 
Was war, Mit Wem & Wer schreibt [36]