| HKWM-Stichwort: historische Individualitätsformen

von Lucien Sève

Neben Kategorien wie »Entfremdung« oder »Praxis«, denen MARX spezifische Bedeutung gab, und neu eingeführten Begriffen, wie »Mehrwert« oder »Absterben des Staates«, finden sich in seinem Werk Konzepte, die im manifesten Text lückenhaft bleiben oder als Begriffe ganz fehlen.


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| Juristin und Marxistin – alltägliche Diskrepanz

Von Anne-Kathrin Krug

Als ich von der Redaktion die Anfrage bekam, einen Text darüber zu schreiben, was es heißt als Juristin Marxistin zu sein, fiel mir sofort ein, dass Marx ja auch ein wenig Jura studiert hat, aber schon sehr bald entschieden hatte, dass er nicht bei rechtskritischen Reflexionen stehen bleiben könne, sondern den Forschungsgegenstand ganz wechseln müsse. Bekanntermaßen hat er sich dann der politischen Ökonomie zugewandt.
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| Auf ins Reich der Freiheit? Jenseits von Utopien und Dystopien in der digitalen Arbeit

Von Ursula Huws

Vermutlich gibt es nicht allzu viele Marxist*innen, die an ein Leben nach dem Tod glauben. Wenn man aber für einen Moment die eigene Ungläubigkeit beiseite schiebt und sich dieser Phantasie hingibt, dann kommt man kaum umhin, sich auszumalen, wie Marx einen langen Seufzer von sich gibt. Trotz Krise ist kaum zu übersehen, dass der Kapitalismus noch immer quicklebendig ist. Wie konnte es dazu kommen? Was verleiht dem Kapitalismus diese erstaunliche Fähigkeit, der augenscheinlichen Logik des tendenziellen Falls der Profitrate und der Sättigung der globalen Märkte dauerhaft zu trotzen und sich in dieser phönixhaften Weise immer wieder neu zu erschaffen?
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| Marxte noch mal?! − LUXEMBURG 2-3/2017

Am 5. Mai 2018 wäre Karl Marx 200 geworden. Viele feiern ihn als großen Denker, einen der größten vielleicht, aber als einen, der uns heute nichts mehr zu sagen hat, als »toten Hund«. Andere rühmen seine Krisentheorie, entnennen aber seine politischen Perspektiven. Wieder andere versuchen, die von ihm und Engels inspirierte »wirkliche Bewegung«, den Kommunismus, für Realsozialismus, Gräueltaten und Gulag verantwortlich zu machen. Sie brandmarken damit jede Sehnsucht nach einer anderen, nicht-kapitalistischen Zukunft als gefährlich. Selbstverständlich bedarf es einer kritischen (Selbst-)Reflexion einer an Marx anschließenden Praxis, aber auch ihrer kritischen Rückgewinnung, einer Wiederaneignung seines Denkens und Handelns für eine radikale Perspektive der Befreiung. Als Kompass für das Einfache, das so schwer zu machen ist, für eine Praxis, deren Maxime es ist, »alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist«.


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| Kapitalozän. Der Kapitalismus schreibt Erdgeschichte

Von Elmar Altvater

Im August 2016 hat die Internationale Geologische Vereinigung das Ende der seit etwa 12.000 Jahren andauernden Warmzeit des Holozän und den Eintritt der Menschheit in ein neues Erdzeitalter festgestellt, das sie das Anthropozän, das vom Menschen gestaltete Erdzeitalter nannte (vgl. Crutzen 2002). Aber herrscht wirklich Anthropos? Oder ist es die bestimmte gesellschaftliche Form, die kapitalistische Produktionsweise, die ihm die Macht dazu verleiht? Wenn es so ist, erfordert es dann nicht die wissenschaftliche Redlichkeit, das neue Erdzeitalter nicht Anthropozän, sondern eher das Kapitalozän zu nennen? [1]
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| Weiter so? Geht nicht! Warum Gewerkschaften nicht auf Wachstum setzen sollten

Von Ingrid Artus und Jan Weyand

Aus guten Gründen stellt kapitalistisches Wachstum für Gewerkschaften bis heute keinen Fluch, sondern einen Segen dar. So mehrt Wachstum den gesellschaftlichen Reichtum und vergrößert den Kuchen, der verteilt werden kann. Doch eine solche Perspektive ist heute nicht mehr haltbar – Wachstumskritik muss zum integralen Bestandteil emanzipatorischer Politik werden.
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| Marx und die Internationale Arbeiterassoziation. Wie er die Fäden zusammenhielt

Von Manfred Neuhaus

Als vor 150 Jahren, im September 1867, der erste Band des „Kapitals“ erschien, stand Autor Marx – seit der gescheiterten europäischen Revolution von 1848/49 Journalist und Privatgelehrter in London − im Zenit einer erstaunlichen politischen Karriere. Sie begann in den Abendstunden des 28. September 1864, als briti­sche Gewerk­schafter, französische, deutsche, italienische, polnische und irische Arbeitervertreter und politische Emigranten aus verschiedenen Ländern des Kontinents – Chronisten beziffern die bunte europäische Melange auf 2000 Teilnehmer – in der Londoner St. Martin’s Music Hall, unweit des Trafalgar Square, ein geradezu verwegenes Projekt aus der Taufe hoben:
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| Der tendenzielle Fall der Profitrate: Empirische Befunde aus sechs großen Volkswirtschaften, 1870-2015

Von Minqi Li

Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ war laut Karl Marx eines der wichtigsten Themen der politischen Ökonomie. Als ein System, das auf dem Streben nach Profit und der „endlosen Akkumulation von Kapital“ (Wallerstein 2009) beruht, benötigt der Kapitalismus eine Profitrate auf einem gewissen Niveau, um erfolgreich und stabil funktionieren zu können. Sollte sich der tendenzielle Fall der Profitrate nicht aufhalten lassen, würde er zu einer unüberwindbaren Grenze der kapitalistischen Akkumulation werden und könnte die Überlebensfähigkeit des Kapitalismus als Wirtschafts- und Gesellschaftssystem gefährden (Marx 1894, 270).
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| Hoch die … Marx als verbindender Politiker der Ersten Internationale

Von Marcello Musto

Marx’ Beitrag zur Internationalen

Die Internationale Arbeiterassoziation (IAA) wurde am 28. September 1864 in London gegründet. Zu ihr gehörten reformistische Gewerkschafter*innen aus England, französische Mutualist*innen, die durch die Theorien von Pierre-Joseph Proudhon inspiriert waren, [ref]Für Mutualist*innen sollte die sozialistische Gesellschaft aus den freien Vereinbarungen der Werktätigen auf der Basis der Wechselseitigkeit (des Mutualismus) hervorgehen. Sie sahen in der weitgehenden Verstaatlichung der Wirtschaft eine Gefahr für die Freiheit der Arbeiter*innen, Bäuer*innen und Kleinproduzent*innen (Anm. d. Ü.).[/ref] Antikapitalist*innen und Gruppen, die den Ideen der utopischen Sozialist*innen anhingen. Acht intensive Jahre wirkten sie im ersten transnationalen Experiment der Arbeiterbewegung gemeinsam. Es war die große Leistung von Karl Marx, das Zusammenwirken dieser verschiedenen Strömungen in einer gemeinsamen Organisation ermöglicht zu haben. Sein politisches Talent befähigte ihn, das scheinbar nicht zu Vereinbarende zu vereinbaren. Nur dadurch kam es, dass die IAA nicht den vielen früheren Arbeitervereinigungen folgte, die schnell in Vergessenheit geraten waren. Marx war es, der der Internationalen ein klares Ziel gab. Ihm gelang es, ein politisches Programm durchzusetzen, das eindeutig klassenbasiert war und doch nicht ausgrenzend – ein Programm, das jenseits jedes Sektierertums die Massen gewann. Marx war stets die politische Seele des Zentralrats der IAA: Er entwarf alle wesentlichen Resolutionen und bereitete die Berichte an die Kongresse der IAA vor.
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| Das Ganze der Arbeit revolutionieren!

Von Gabriele Winker

Zu schnell wenden sich viele Feminist_innen von Karl Marx und seinem Werk ab, weil dort die nicht entlohnte Reproduktionsarbeit nicht ausreichend berücksichtigt ist. Umgekehrt gelingt es Marxist_innen bis heute kaum, diese gesellschaftlich notwendige Arbeit, die überwiegend von Frauen in Familien geleistet wird, in ihre Kapitalismusanalyse aufzunehmen. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass sich die nicht entlohnte Reproduktionsarbeit in die Marx‘sche Arbeitswerttheorie integrieren lässt. Auf diesem Weg lassen sich nicht nur soziale Auseinandersetzungen feministisch zuspitzen, sondern es sind auch konkrete Utopien entwickelbar, die auf das Ganze der Arbeit zielen und den Blick für eine solidarische, bedürfnisorientierte Gesellschaft öffnen.
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