| Heilige Scheiße. Die Familien- und Geschlechterpolitik der AFD

Von Gerd Wiegel

Rassismus, Flüchtlingsabwehr und Autoritarismus stehen nicht nur im Zentrum der linken Auseinandersetzung mit der AfD, sondern bestimmen auch die Selbstdarstellung von Partei und Bundestagsfraktion. Fast alle politischen Fragen werden von der AfD mit dem Thema Zuwanderung verknüpft. Was den völkischen vom nationalliberalen Flügel der AfD trennt, ist vor allem die unterschiedliche Positionierung zur sozialen Frage, die von dem ersteren im Sinne einer Ethnisierung sozialer Differenz und von dem anderen mit einer nationalistischen Variante marktradikaler Politik beantwortet wird. Überwölbt wird dieser Gegensatz jedoch von einem Konsens auf einem anderen Gebiet, das ideologisch zentrale Bedeutung für die Partei hat: die Familien- und Geschlechterpolitik, verbunden mit einem knallharten Antifeminismus.
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| Vom Wert der Familienbande. 
Wenn Neoliberale und Konservative sich das Jawort geben

Von Melinda Cooper

Gary Becker, ein Vertreter der neoliberalen Chicago School, beklagte Ende der 1970er-Jahren »Familie [sei] in der westlichen Welt durch
die Entwicklungen der letzten drei Jahrzehnte grundlegend verändert – einige behaupten, fast zerstört – worden« (1993, 1, übers. v. A.F.). Dann führte er die gängige Liste von Übeln an: die Zunahme von Scheidungen und alleinerziehenden Müttern, den Rückgang der Geburtenrate und schließlich die wachsende Erwerbsbeteiligung von Ehefrauen, die den Kindern schade und sowohl Unfriede in der Familie als auch am Arbeitsplatz stifte. Seiner Ansicht nach waren diese Umbrüche Resultat einer Ausweitung des Wohlfahrtsstaates. Der Feminismus war für ihn eher eine Folge als eine treibende Kraft dieser Entwicklung. Wie viele seiner neoliberalen und neokonservativen Zeitgenossen identifizierte Becker insbesondere die Ausweitung des Sozialprogramms Aid to Families with Dependent Children (AFDC), von dem insbesondere alleinerziehende arme Frauen profitierten, als Hauptursache für den Zerfall der Familie (ebd, 375).
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| Bedingt selbstbestimmt. Warum der Kampf um Schwangerschaftsabbruch erst begonnen hat

Von Kate Cahoon

Als in dem katholisch geprägten Land am 
25. Mai 2018 eine überwältigende Mehrheit für die Streichung des quasi totalen Abtreibungsverbotes aus der Verfassung stimmte, sprach der irische Premierminister von einer »stillen Revolution«. Doch die Freudentränen und der laute Jubel in den Straßen von Dublin erzählten eine andere Geschichte: Seit 35 Jahren demonstrieren und kämpfen Aktivist*innen gegen das Abtreibungsverbot. Die emotional geführte Debatte hat das Land gespalten – die Gegner der Liberalisierung arbeiteten mit Schreckbildern und Fehlinformationen. Wir waren also weniger Zeug*innen einer stillen Revolution als eines langen, lauten und hart geführten Kampfes um sexuelle Selbstbestimmung.
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| Linker Feminismus gegen rechte Bevölkerungspolitik

Von Susanne Hentschel

Nachdem aktive Bevölkerungspolitik über viele Jahrzehnte hinweg aufgrund ihrer engen Assoziation mit den nationalsozialistischen Rassenhygiene- und Eugenik-Programmen als diskreditiert galt, erlebte sie in den 1990er Jahren ein Comeback in neuem Gewand: Bevölkerungspolitik hieß nicht nur anders, inzwischen sprach man von Demografie, sie hatte zudem auch einen liberalen und modernisierten Anstrich.
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