| Nach der Ampel links

November 2021  Druckansicht

Das selbsternannte Bündnis für »Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit» hat sich ein Programm gegeben. Große Worte, die die französische Revolution und mit ihr den Geist des Fortschritts aufrufen wollen. Doch Fortschritt wird es – zumindest für die Mehrheit der Menschen – nicht geben.

Die Differenz zwischen dem eingeschlagenen Kurs und den epochalen Herausforderungen unserer Zeit könnte größer kaum sein: Das 1,5 Grad-Ziel ist mit dieser Allianz nicht zu erreichen, Investitionen in notwendige Infrastrukturen werden – wie auch die Rente – dem Finanzmarkt anvertraut, Entlastung oder ein Ausstieg aus der Profitlogik im Gesundheitswesen sind nicht in Sicht. Und dass Hartz IV jetzt Bürgergeld heißt, straft alle Hohn, die davon leben müssen. Die FDP hat sich in vielem durchgesetzt – wenn auch vor allem als Blockade. Eine existenziell notwendige Erneuerung wird es nicht geben.

Darüber kann weder die Aufbruchsrhetorik hinwegtäuschen, noch die wichtigen Veränderungen im Bereich der Geschlechter-, Einwanderungs- und Lebensweisenpolitiken. Sie reichen von der Abschaffung des Transsexuellengesetzes, der Streichung des §219, einer Senkung des Wahlalters über erleichterte Einbürgerung bis hin zur Legalisierung von Canabis. Veränderungen gibt es aber vor allem dort, wo keine Kosten entstehen. Steuerreform, Aufweichung der Schuldenbremse oder Ansätze für eine Rückverteilung des gesellschaftlichen Reichtums sucht man vergeblich. Nicht einmal das Klimageld soll wie versprochen bei den Bürger*innen ankommen. Eine Konfrontation mit den mächtigen Kapitalintressen probiert die Ampel selbst dort nicht, wo es um die Rettung des Planeten geht.

In den nächsten Jahren ist nötiger Wandel blockiert, es droht noch mehr verlorene Zeit. Für die LINKE keine schlechte Konstellation – die Kluft zwischen Regierungsprogramm und Wahlversprechen von SPD und Grünen, öffnet durchaus Spielräume. Ob es allerdings nach der Ampel links weitergeht, hängt davon ab, ob es der LINKEN gelingt, überzeugende Angebote zu machen.

In dieser Reihe veröffentlichen wir fortlaufend Einschätzungen zu den einzelnen Teilen des Koalitionsvertrags sowie zu den Potenzialen für linke Politik.

Beton schützt vor Verdrängung nicht
Von Armin Kuhn und Stefan Thimmel

#Wegmit219A – Noch ein “guter Kompromiss”
Von Lisa Mangold

Hartz IV heißt jetzt Bürgergeld.
Wie die Arbeitsmarktpolitik der Ampel aussehen wird
Von Thomas Sablowski und Fanny Zeise

Die marktradikale Ampel
Zur Kritik der fiskalpolitischen Pläne  der neuen Regierung
Von Thomas Sablowski, Eva Völpel und Moritz Warnke

Hilfloser Antifaschismus.
Was unternimmt die Ampel gegen Rechts?
Von Gerd Wiegel

Auf Kante genäht
Klima und Energie im Koalitionsvertrag
Von Uwe Witt

Frauen, geht mehr arbeiten!
Die Ampel stellt Gleichstellung in den Dienst der Wirtschaft
Von Sabine Skubsch

»Schön, dass die Ampel meine Arbeit der letzten Jahre fortsetzt.«
Zur Verkehrspolitik der neuen Regierungskoalition
Von Gerrit Schrammen