| »Antifaschismus, Solidarität, Vielfalt & Hedonismus«

Oktober 2020  Druckansicht

Wohin geht’s, Linkspartei? Um das herauszubekommen, haben wir mit Genoss*innen einen Ausflug ins Jahr 2025 gewagt und sie nach ihren strategischen Perspektiven für die LINKE gefragt. Hier das Gespräch mit Katalin Gennburg.

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Das Szenario: Spätsommer 2025. Du bist auf einer Mitgliederversammlung der LINKEN und wirst um eine Bilanz der letzten fünf Jahre gebeten: Wie ging es weiter nach dem Parteitag 2020 – welche Weichen wurden dort gestellt? Und was kommt in der Zukunft auf die LINKE zu?

Wir können uns als Mitglieder auf die Schultern klopfen dafür, dass wir beim Parteitag 2020 entschieden haben, dass …

… die Klimafrage endlich Hand in Hand mit Arbeitskämpfen gedacht wird. Wir organisieren seither gemeinsam mit Gewerkschafter*innen und Klimaaktivist*innen politische Auseinandersetzungen und erstreiten so gesellschaftliches Hinterland für den sozial-ökologischen Umbau, im Sinne eines weltweit mit Hochspannung diskutierten linken Green New Deal. Damit stellen wir die Eigentumsfrage als ökologische Frage und immer mehr Menschen wählen eine LINKE mit Zukunftsanspruch und Enkeltauglichkeit!

Denn heute, fünf Jahre nach dem Parteitag und vier Jahre nach der Bundestagswahl, hat die Partei es geschafft, dass …

… wir uns inhaltlich und personell erneuert haben. Auch den Wahlkreis konnten wir das zweite Mal wieder direkt gewinnen. Wir arbeiten bundesweit als Partei solidarisch und haben die Auseinandersetzungen von machtpolitisch konkurrierenden Beutegemeinschaften hinter uns gelassen. Die LINKE hat die historische Spaltung von Ossis und Wessis ebenso hinter sich gelassen, wie die von selbsternannten Superlinken… Wir haben unsere Mitgliedschaft verdoppelt und sind eine aktive Mitmachpartei geworden – mit Platz für Schnapsideen gegen den Kapitalismus 🙂

Mit Blick auf die vergangenen Jahre bist Du besonders stolz darauf, dass …

… wir den Mietendeckel erkämpft und von Berlin aus gemeinsam mit etlichen Initiativen das System kapitalistischer Urbanisierung und Landnahmeprozesse zu einem bundesweiten Thema gemacht haben . Damit anknüpfend an die Wohnungsfrage bei Friedrich Engels haben wir eine harte Klassenauseinandersetzung zugunsten der Menschen ohne Eigentum und im Sinne des Wohnens als Gemeingut geführt. Bundesweit sagen wir: Die Stadt gehört den Menschen, nicht den Investoren!

Die LINKE hatte in der Wirtschaftskrise und den Verteilungskämpfen nach Corona richtig reagiert, sie …

… hat eine Reichensteuer gefordert und zunächst nur als einmalige Abgabe erstritten. Die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums auch durch die Einführung der 4-Tage-Woche gemeinsam mit den Gewerkschaften und auch im Sinne einer Postwachstumsdebatte ist ein wichtiger Beitrag für eine Perspektive auf gemeinwohlorientierte Zugänge zu den vorhandenen Produktionsmitteln − erst recht in Zeiten der Digitalisierung und einer neuen Migrationspolitik; einer neuen solidarischen Willkommenspolitik ohne Abschottung und nationale Egoismen.

Wenn man heute Linkspartei googelt, kommt als weiteres Schlagwort …

… Antifaschismus, Solidarität, Vielfalt & Hedonismus

Die größte gesellschaftspolitische Herausforderung ist nun …

… die internationale Solidarität und eine internationale Linke zu stärken, um damit der Faschisierung weltweit und auf allen Ebenen entgegenzutreten. Die Folgen des Klimawandels sind spürbar und doch haben wir den Mut, eine radikale Klimawende anzugehen. Umverteilung geht nur gemeinsam und global.

Deswegen schlägst Du Deinem Ortsverband für 2035 vor,

… das Rathaus gemeinsam mit einem breiten stadtpolitischen Bündnis zurückzuerobern, indem wir lokale Initiativen entlang von lokalen Konflikten stärken und aufbauen. Dass wir Krisenproteste lokal anschlussfähig machen und im Alltag verankern und dass wir uns auf die Unterstützung von Gruppen und Initiativen konzentrieren und dafür ein erhebliches Budget durch die Partei in einen selbstverwalteten Solidaritätsfonds geben. Denn dadurch schaffen wir nachhaltige politische Strukturen der politischen Arbeit über unsere Partei hinaus, die wiederum uns inhaltlich und personell unterstützen und erneuern und die Posten im Rathaus mit besetzen helfen können.

Am Ende Deines Beitrags willst Du noch mal Folgendes loswerden:

Ich freue mich auch darüber, dass unser Parteileben nicht mehr nur in Sitzungsformaten und Versammlungen stattfindet, sondern wir auch im Alltag und über digitale Vernetzungen und in verschiedenen außerparlamentarischen Gruppen zusammenkommen – kaffeetrinkend, essend, spielend und tanzend.

Nach der Mitgliederversammlung trefft ihr euch im Biergarten, ein paar Interessierte sind auch gekommen, um euch Genoss*innen kennenzulernen. Du unterhältst Dich mit …  Dein zentrales Argument, warum deine Gesprächspartner*in an diesem Abend in die LINKE eintreten soll, ist …

… weil die LINKE immer die einzige konsequente Anti-Kriegs-Partei war und ist und eine menschliche Gesellschaft nur solidarisch und jenseits von Kapitalverwertung erwachsen kann und der Kapitalismus einfach so unmenschlich und schlecht für das Klima generell ist. Und weil es in meiner Partei so viele kluge und mutige Genoss*innen gibt, die an das Morgen glauben und auch etliche Vorschläge für die Überwindung des Gestern haben – die muss man einfach kennenlernen!

Auf Deinem Spazierweg nach Hause denkst Du Dir:

Ob mein Kind noch wach ist und Lust hat, mit mir über das Leben, Politik und die Liebe zu reden?

Das Gespräch führte Rhonda Koch.