| DIE LINKE IN DER KRISE

Vom Institut für Gesellschaftsanalyse

STRATEGISCHE HERAUSFORDERUNGEN

»Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung.«
Chinesisches Sprichwort
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| EIN NACHRUF

Von Stefan Schmalz

GIOVANNI ARRIGHI (7. JULI 1937 – 18. JUNI 2009)

Das Interview wurde am 14.12.2008 in Giovannis Haus in Baltimore geführt. Es stand am Ende eines Seminars, das er im Herbstsemester zusammen mit Beverly Silver an der Johns Hopkins University gehalten hatte. Giovanni hatte sich nach der Diagnose der tödlichen Krankheit entschieden, sein Lebenswerk mit seinen Doktoranden zu diskutieren. Dafür warfen er und Beverly kurzerhand ihre Pläne für das Semester um. Giovanni wollte die ihm verbleibende Zeit nutzen, um einige Grundlinien seines Werkes herauszuarbeiten und Missverständnisse bei dessen Rezeption auszuräumen. Dem Kurs wohnten zahlreiche Gäste aus aller Welt bei – teils alte Bekannte von Giovanni, teils Kollegen des Instituts für Soziologie. Giovanni, der keine Sitzung versäumte, auch wenn er an manchen Tagen sichtlich geschwächt war, war es besonders wichtig, auf Kontinuitäten und Brüche in seinem intellektuellen Werdegang hinzuweisen. Dabei verband er die theoretische Debatte mit biografischen Erzählungen aus der Entstehungszeit der Texte, wodurch seine persönliche wie theoretische Entwicklung lebendig wurde.


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| CHINA GLOBAL?

Stefan Schmalz im Gespräch mit Giovanni Arrighi

Schmalz: Dein Buch Adam Smith in Beijing ist der letzte Band einer Trilogie. Könntest du etwas über deine Forschungsagenda der letzten Jahre erzählen?

Arrighi: Eigentlich handelt es sich um die Forschungsagenda der letzten mindestens zehn, 15, wenn nicht 20 Jahre. The Long 20th Century wurde 1994 veröffentlicht, aber ich hatte bereits seit Mitte der 1980er Jahre daran gearbeitet. Darauf folgte Chaos and Governance in the Modern World System (zusammen mit Beverly Silver) im Jahr 1999. Allerdings war nicht geplant, eine Trilogie zu verfassen. Zunächst sollte The Long 20th Century lediglich die Zeitspanne umfassen, die ich unter dem langen 20. Jahrhundert verstehe: von der Großen Depression des späten 19. Jahrhunderts bis zum gegenwärtigen »langen Abschwung«. Ich bin zeitlich immer weiter zurück gegangen und erarbeitete eine Langzeitanalyse der kapitalistischen Entwicklung. Die Dynamik der globalen politischen Ökonomie nach der Veröffentlichung des Buches warf neue Fragen auf. In Chaos and Governance diskutieren wir z.B. das Thema der hegemonialen Transitionen. Und Adam Smith in Beijing handelt davon, ob die aktuelle hegemoniale Transition, oder zugespitzt die Krise der USHegemonie, mit einer (Rück-)Verlagerung des Zentrums der Kapitalakkumulation nach Ostasien einhergeht. Meine Forschungsagenda ist also in weiten Teilen dadurch bestimmt, dass ich die Entwicklungen auf der Basis von The Long 20th Century in den Blick nahm. Das Ergebnis waren zwei weitere Bücher.


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| WIEDER EINMAL EINE KRISE?

Von Georg Fülberth

1873 UND 1929

Die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 wird häufig mit der Rezession 1929–1933 verglichen. Zuweilen gerät auch die Große Depression 1873–1896 in den Blick. Gemeinsam ist diesen drei Einbrüchen, dass sie letztlich Überakkumulationskrisen waren bzw. sind. 1873 und 1929 leiteten sie jeweils eine Transformation des Kapitalismus ein.
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| PERSPEKTIVEN DER ÖKONOMISCHEN RESTRUKTURIERUNG

Von David M. Kotz

Die Finanzkrise, die 2007–08 in den USA ausgebrochen ist und sich schnell zu einer globalen Wirtschaftskrise entwickelt hat, ist mehr als »nur« eine Finanzkrise oder eine schwere Rezession. Es scheint sich um eine systemische Krise der neoliberalen Form des Kapitalismus zu handeln. Während der neoliberale Kapita lismus für die Mehrheit der Weltbevölkerung negative Auswirkungen gehabt hat, hat er über mehrere Jahrzehnte zu hohen Profiten und zu langen Perioden wirtschaftlicher Expansion geführt. Profitsteigerungen und Expansion beruhten auf einer Reihe längerfristiger Trends – auf der Zunahme sozialer Ungleichheit, auf einer Reihe immer größer werdender Anlageblasen, auf wachsender Verschuldung und zunehmenden Ungleichgewichten in der globalen Ökonomie – die das neoliberale System letztendlich zu Fall bringen mussten.1
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| DER GELDMACHT-KOMPLEX

Von Hans-Jürgen Krymanski

Im Gefolge des New Deal und des Zweiten Weltkriegs entstand in den USA eine neue Form der Elitenherrschaft: die power elite, wie C. Wright Mills sie in seinem 1956 erschienenen gleichnamigen Buch beschrieb. Sie kontrollierte den alten ›plutokratischen‹ Reichtum mittels Verwaltungseliten, Spitzenexperten, Großwissenschaftlern und Starintellektuellen, Gewerkschaftern, Konzernmanagern, politischen Generälen und vor allem ›politischen Direktoraten‹. Parallel erwuchs aus der Kriegswirtschaft des Zweiten Weltkriegs und als Folge der asymmetrischen Systemauseinandersetzung eine permanent war economy, ein Militär-Industrie-Komplex: der Pentagon Capitalism (Melman 1970).
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| BISLANG…

Von Kees van der Pijl

…SCHLÄGT SICH DIE HERRSCHENDE KLASSE GAR NICHT SCHLECHT!

Erklärungen, wonach die gegenwärtige Krise die schwerste seit den 1930er Jahren sei, übersehen in aller Regel, dass mindestens drei grundlegende Unterschiede einen solchen Vergleich problematisch machen.
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| »MIR STEHT ETWAS MEHR PESSIMISMUS ZU«

Gespräch mit Luciana Castellina

Wie ist die Krise einzuschätzen? Und welche strategischen Orientierungen ergeben sich daraus für die Linke? Die Redaktion fragte feministische Intellektuelle (III).

1 Ich könnte antworten: Die Krise führt vor, dass der Kapitalismus nicht die beste Wahl für eine gesellschaftliche Entwicklung und anfällig für schwere Krankheiten ist. Ich könnte antworten, dass wir im Recht waren. Dies trifft alles zu, erklärt aber nicht den spezifischen Charakter der Krise. Letzteres kann ich wirklich nicht beantworten. Soweit ich weiß, kann es niemand. Die meisten Ökonomen erklären ihre Ratlosigkeit: jenseits der ›technischen‹ Zusammenhänge komplizierter Finanzprodukte und riskanter Bankgeschäfte, die den Crash beschleunigt und verbreitet haben, wissen sie nicht, welche Ursachen für diese tiefe Krise verantwortlich sind.
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| DEMOKRATIE NEU DENKEN

Gespräch mit Hilary Wainwright

Wie ist die Krise einzuschätzen? Und welche strategischen Orientierungen ergeben sich daraus für die Linke? Die Redaktion fragte feministische Intellektuelle (II).

Was ist der Charakter der gegenwärtigen Krise?

Es handelt sich um multiple Krisen. Im Zentrum des Sturms steht der Kollaps der Finanzmärkte. Doch darf nicht vergessen werden, es waren Regierungen, die ein politisches Projekt verfolgten – die Schwächung der Arbeiterbewegung, Senkung öffentlicher Ausgaben, Ausweitung von Niedriglöhnen etc. –, um über deregulierte Märkte Profite und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Es handelt sich daher auch um eine Krise des globalen ideologischen Projekts und der mit ihm verbundenen politischen Institutio
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| GESELLSCHAFTLICHE GABELUNGEN

Gespräch mit Ana Esther Ceceña

Wie ist die Krise einzuschätzen? Und welche strategischen Orientierungen ergeben sich daraus für die Linke? Die Redaktion fragte feministische Intellektuelle (I).

Was ist der Charakter der gegenwärtigen Krise?
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