| Auf Partnersuche in China

Von Bodo Zeuner

Über die komplizierte Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen Gewerkschaften

In China lebt die zahlenstärkste und potenziell auch mächtigste Arbeiterklasse der Welt – Arbeiterklasse im traditionellen Sinn, verstanden als Klasse der Lohnabhängigen. Für 2012 meldet die offizielle Statistik in China 812 Millionen Erwerbspersonen. Etwa ein Viertel sind vom Land stammende migrant workers1, die unter eingeschränkten Bedingungen in den Industriestädten leben und arbeiten. 200 Millionen arbeiten als StadtbewohnerInnen in privaten und staatlichen Unternehmen.
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| Die Macht zurückholen. Eine neue zivilgesellschaftliche Struktur in Spanien

Interview mit Manuel Monereo vom Linksparteienbündnis Izquierda Unida und der Bürgerplattform Frente Cívico

Was ist die Frente Cívico?

Mit der Frente Cívico wollen wir eine politische Kraft aufbauen, die sich direkt aus den Forderungen der Bevölkerung speist, fähig ist, Alternativen zu formulieren und einen demokratischen Ausweg aus diesem System zu weisen. Sie soll eine politische Organisierung ermöglichen, doch sie wird explizit nicht bei Wahlen antreten. Sie soll attraktiv für breite zivilgesellschaftliche Kreise sein, jenseits der üblichen Lager entlang von Parteiidentitäten. Es geht uns nicht um Posten, sondern um Positionen, jenseits dessen, was die herrschende politische Klasse in Spanien auf der Agenda hat.
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| Wo bitte geht´s zum Winterpalast?

von Mario Candeias

Ausgehend von den Impulsen der Arabellion (vgl. LuXemburg 2/2011) hat seit 2011 auch in Europa und den USA, Chile, der Türkei und Brasilien mit den »Empörten« und »Occupy Wall Street« ein transnationaler Bewegungszyklus eingesetzt, getragen von einem urbanen Prekariat, das besser ausgebildet ist denn je. Immer wieder öffnen sich Räume für Protest und Organisierung. Immer wieder erzeugen Ereignisse an einem Ort Resonanzen an anderen, werden Bezüge über nationale Grenzen hinweg hergestellt und Solidarität praktiziert. Zuletzt fast zeitgleich in Athen (vgl. Völpel 2013), in Istanbuls Gezi-Park (vgl. Tugal in LuXemburg Online, Juli 2013) und São Paulo (Richmond 2013; Dilger 2013).
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| Den Betrieb übernommen, und jetzt?

Von Anna Dohm und John Malamatinas

Die griechische Kooperative VIO.ME

Die Krise in Griechenland hat Ansätze einer direktdemokratischen Verwaltung des Gemeinsamen entstehen lassen. Sie alle widersetzen sich der staatlichen Krisenpolitik im Namen von Troika und Treuhand und suchen nach alternativen Formen der Produktion und Reproduktion. Die Beteiligten warten nicht, dass der Staat ihnen hilft – er kann ohnehin kaum mehr eine Perspektive bieten. Stattdessen besetzen sie Fabriken oder Krankenhäuser, um sie selbst weiterzuführen. Dabei stellen sich eine Reihe ungelöster strategischer Fragen: Wie kann die kollektive Verwaltung konkret aussehen? Wie lassen sich bereits vorhandene Erfahrungen verallgemeinern? Welche übergreifenden Strukturen und Netzwerke müssen entstehen?
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| Beyond Aid

Von Thomas Gebauer

Über den Kampf um ein globales Recht auf Gesundheit

Die Welt leidet nicht an zu wenig Hilfe, sondern an Verhältnissen, die immer mehr Hilfe notwendig machen. Es sind auch solche Einsichten, die Einsprüche gegen eine voranschreitende Prekarisierung der Lebensverhältnisse haben anwachsen lassen. Weltweit begehren Menschen dagegen auf. Ob in den sozialen Massenprotesten in Brasilien, den Auseinandersetzungen in Istanbul, den Kämpfen gegen die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen wie in Bolivien, Südafrika und in der arabischen Welt – so verschieden die Anlässe und so unterschiedlich die Protestformen sind, es schwingt in ihnen doch immer die Idee eines Lebens mit, in dem ›Freiheit‹ und ›Gemeinwesen‹ nicht zu Euphemismen für Rendite und Repression verkommen sind.
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| Fragile Balanceakte

Von Olaf Bernau

Das Beispiel Afrique-Europe-Interact

Anfang der 1990er Jahre ist hierzulande die einst handlungsmächtige Internationalismus- bzw. Dritte-Welt-Solidaritätsbewegung buchstäblich kollabiert. Verantwortlich war zum einen der Epochenbruch von 1989 samt seiner rassistischen Fernwirkungen im wiedervereinigten Deutschland, zum anderen die neoliberale Globalisierungsoffensive, die seinerzeit begonnen hatte, rund um den Globus gesamtgesellschaftliche Kräfteverhältnisse spürbar zu verschieben. Hinzu kam, dass sich die Internationalismusbewegung zunehmend innerlinker Kritik ausgesetzt sah. Wichtige Schlagworte lauteten ›simplifizierende Gut-Böse-Weltbilder‹, ›Fetischisierung des bewaffneten Kampfes‹, ›Solidaritäts-Hopping‹ oder ›fehlender Bezug auf soziale Auseinandersetzungen im Norden‹. Die Benennung dieser und weiterer Irrtümer war zweifelsohne berechtigt, ja notwendig.
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| Ein Jahr nach Marikana

Von Peter Alexander

Leugnen und Spalten

Am 16. August 2012 starben in einer der größten Platinminen der Welt 34 Minenarbeiter1 durch Automatikgewehre der südafrikanischen Polizei (vgl. LuXemburg 4/2012). 16 Monate später ist die von staatlicher Seite zur Aufklärung der Ereignisse eingesetzte Farlam-Kommission noch zu keinem Ergebnis gelangt. Kein einziger Polizist ist bisher angeklagt, während 275 der beim Massaker von Marikana verletzten und überlebenden Minenarbeiter unter Anklage stehen. Die juristische Auseinandersetzung läuft, die Kosten für die Verteidigung der Angeklagten (und Opfer) müssen dabei mühsam durch Spendenkampagnen organisiert werden. Das Ereignis hat tiefe Spuren hinterlassen – bei den Überlebenden, den Angehörigen und BürgerInnen Südafrikas. Marikana hat aber auch neue Verwerfungen produziert und alte deutlicher sichtbar gemacht. Es steht für die Re-Organisierung von (Arbeits-)Kämpfen in neuen Gewerkschaften, Verbänden, Bewegungen, die sich nicht mehr als Teil, sondern als Kritiker der Dreier-Allianz von ANC, der Kommunistischen Partei SACP und dem Gewerkschaftsdachverband COSATU verstehen (vgl. LuXemburg 2/2013). Diese Organisierung der eigenen Interessen von unten bedroht den spezifisch südafrikanischen Klassenkompromiss, der ein Grundelement des politischen Post-Apartheid-Vertrags darstellte. Bisher ist der Block an der Macht bereit, seine Interessen auch gewaltsam zu verteidigen – in Marikana, aber auch in den vielen lokalen Konflikten um Dienstleistungen, Wohnraum und Land. Marikana ist aber auch Symbol für Widerstand und – paradoxerweise – Hoffnung geworden: Die Streikenden haben sich nicht einschüchtern lassen, sie haben erfolgreich weiter gestreikt, Masseneintritte in die neue Gewerkschaft AMCU haben dazu geführt, dass die bisher größte Gewerkschaft der Mienenarbeiter, die NUM, als Verhandlungspartnerin abgelöst wurde, und das Marikana Solidaritätskomitee sorgt für politische und juristische Vertretung. Viele Fragen zur Zukunft der politischen, ökonomischen und sozialen Konflikte, zu den Trägern von Protest und Widerstand, zu neuen Bündnissen und Formationen sind offen. Spannend wird es 2014 auch, wenn sich die Dreier-Allianz bei den Wahlen stellen muss. Wir dokumentieren einen Bericht von Peter Alexander über die Marikana-Gedenkfeier der Überlebenden, Angehörigen und UnterstützerInnen am 16. August 2013.

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| Grünes Kapital und Energiedemokratie in Europa

Von Tobias Haas und Hendrik Sander

In Deutschland ist die Energiewende in aller Munde, und auch auf europäischer Ebene mangelt es nicht an Wendeszenarien. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien, daran besteht kein Zweifel. Offen ist hingegen, wie schnell ihr Ausbau voranschreiten wird, wie lange die fossilen und atomaren Energieträger noch zur Stromerzeugung genutzt werden, wie das neue Energieregime aussehen kann, was für Eigentumsstrukturen darin dominieren und was für einen gesellschaftlichen Charakter der Prozess annimmt. Damit verbunden ist die Frage, ob wir gegenwärtig eine Transformation hin zu einem grünen Kapitalismus erleben.
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| Für eine feministische Kritik der Bioökonomie

Von Susanne Lettow

Seit einiger Zeit ist nicht nur von Biopolitik, sondern auch von Bioökonomie die Rede. Gemeint ist damit zumeist die Produktion, Zirkulation und Konsumtion von Körperstoffen, die durch die Anwendung von Biotechnologien vermittelt sind. Allerdings wird der Begriff nicht nur in kritisch-analytischer Absicht gebraucht. Er ist zugleich der Name für ein politisch-ökonomisches und technologisches Zukunftsszenario, das von der OECD (2006) formuliert wurde und in der BRD durch die »Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie 2030« (BMBF 2013) und die Einrichtung des Bio-Ökonomierats im Jahr 2009 aufgenommen wurde.
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| Gehört das 21. Jahrhundert der Mittelklasse?

Diskussion mit Göran Therborn, Lothar Peter, Ingrid Kurz-Scherf Nicole Mayer-Ahuja Michael Vester

Göran Therborn

Gehört das 21. Jahrhundert der Mittelklasse?

Sicher gibt es eine Reihe von plausiblen Etiketten, die sich an das 20. Jahrhundert anheften lassen. In den Begriffen der Sozialgeschichte aber war es klar das Zeitalter der Arbeiterklasse. Erstmals wurden die eigentumslosen ArbeiterInnen eine große und nachhaltige politische Kraft. Das 20. Jahrhundert wurde – als Resultat von Kämpfen der Arbeiterklasse – zu einer Zeit der Angleichung der Klassen innerhalb der Nationen. Im 21. Jahrhundert jedoch konvergieren die Nationen, während die Klassen divergieren – eine historische Umkehr nicht nur in der Geopolitik, sondern auch in Bezug auf die Ungleichheit: Wir sehen seit den 1990ern eine Rückkehr der Klasse als mächtiger Determinante von Ungleichheit.
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