| »Irgendwann sind auch unsere Kräfte am Ende« – Illegalisierte Arbeiter*innen in Berlin fordern: #LegalisierungJetzt

Von Llanquiray Painemal Susanne Schultz und Michel Jungwirth

„Guten Abend allerseits! Ich möchte Euch gern mitteilen, vor welchen Herausforderungen ich als undokumentierte Frau in dieser globalen Covid-19-Pandemie stehe. Ich habe meinen Job verloren, nachdem das Restaurant geschlossen hat, in dem ich gearbeitet habe. Als informelle Arbeiterin heißt das, dass es keinerlei Entschädigung für eine plötzliche Kündigung gibt. Ohne einen formalen Arbeitsvertrag habe ich kaum Verhandlungsmacht. Ich komme aus armen Verhältnissen, aus einem hochverschuldeten Haushalt. Bei mir hat dieser zusätzliche Schock des Lockdown meine Kräfte extrem geschwächt, auch noch damit fertig werden zu können. Ich habe zwei Söhne und auch meine Eltern sind von mir abhängig (sie leben im Herkunftsland, Kommentar respect). Keine Arbeit bedeutet kein Geld – und kein Geld bedeutet kein Essen, keine Medikamente und keine Mittel für Miete und andere Rechnungen. Ich kann wohl noch ein oder zwei Wochen überleben, aber ich weiß nicht, was in einem Monat passieren wird.“
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| »Wir müssen mehr über Macht nachdenken – unsere eigene, und die der anderen!« Warum linkes (Mit-)Regieren notwendig ist

Gespräch mit Paul Wellsow

 Rossana: Wir haben vor einer Weile über die AfD in Thüringen gesprochen. Du hast gesagt, dass die LINKE offen für eine Regierung im Bund eintreten soll. Warum?

Paul Wellsow: Nein, so nicht. Dringend notwendig ist, dass DIE LINKE offensiv eine Politik entwickelt, die reale Veränderungen anstrebt und umsetzen kann. Das kann Regieren heißen – auch im Bund. Das kann aber zu anderen Zeiten und an anderem Ort Oppositionspolitik im Parlament, Protest auf der Straße, Unterstützung praktischer sozialer Kämpfe und so weiter heißen. Und es heißt, die Formen der Politik zusammen-, und nicht gegeneinander zu denken.
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| Corona und kein Ende? Linke Perspektiven in der Pandemie

Nach einem Jahr Pandemie sind die Infektionszahlen in Deutschland hoch. Neue Mutationen machen das Virus noch unberechenbarer. Trotz tiefgreifender Maßnahmen sind viele Regierungen unfähig oder nicht willens, einen konsequenten Gesundheitsschutz auch in der Arbeitswelt durchzusetzen oder die nicht lebenswichtige Produktion einzuschränken. Allein die private Solidarität der Bürger*innen soll uns aus der Krise führen. Doch die Ressourcen vieler Menschen sind erschöpft, finanziell, zeitlich und emotional. Impfstoffe sollen die Lösung bringen, doch das Patentsystem orientiert sich an den Interessen der Pharmakonzerne und unterläuft eine gerechte Verteilung. Imfungen für alle wäre aber notwendig, um die Pandemie weltweit einzudämmen.
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| Für eine rebellische Stadtpolitik! Konflikt um den Berliner Mietendeckel

Von Hanno Bruchmann, Jonathan Diesselhorst, Katharina Mayer, Niklas Schenker und Moritz Warnke

Die Auseinandersetzung um den Mietendeckel in Berlin spitzt sich zu. Die Einführung einer Mietenbegrenzung wäre eine große materielle Entlastung für Millionen Mieterinnen und Mieter. Gleichzeitig würden die Profite von Wohnungsunternehmen sinken. Vor allem die Frage, ob Mieten nur eingefroren oder auch abgesenkt werden können, prägt den aktuellen Konflikt – auch in der Koalition. Wie kann ein richtiger Mietendeckel erstritten werden?

Der politische Prozess des Zustandekommens des Mietendeckels wirft für uns grundsätzliche strategische Fragen auf. Wir denken, es gab bereits nach dem Leak des Zwischenstandspapiers und auch aktuell ein politisches Momentum, dessen Potential nicht voll abgerufen wurde.
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| Blühende Landschaften und Wolfserwartungsgebiete. Was es heisst, in rechten Räumen Politik zu machen

Von Kerstin Köditz

Gelegentlich verfestigt sich mein Verdacht, im Navi sei eine geheime Zusatzfunktion installiert worden, ein Tool, ausgerichtet darauf, in unregelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob ich als Fahrerin noch aufmerksam genug bin, meinen Weg fortzusetzen. Ohne ersichtlichen Grund fordert mich es mit freundlich-ruhiger, aber entschiedener Stimme auf: »Drehen Sie, wenn möglich, um!« »Ja«, seufze ich dann oft, »umdrehen wäre eine Option. Möglich ist es aber gerade nicht.« Und sinnvoll auch nicht, wenn das Ziel gerade in jener Richtung liegt, vor der mich das Navi eindringlich warnt.
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| …Da, wo es brennt. Die linke als organisierende Partei vor Ort

Von Christina Kaindl und Sarah Nagel

Es ist Januar, es regnet draußen, und im Kleinen Saal des Gemeinschaftshauses Gropiusstadt gehen langsam die Stühle aus. Mehr als 150 Mieter*innen sind zur Einwohnerversammlung des Bezirksamts Neukölln gekommen. Der Bezirksbürgermeister ist da, auch der Baustadtrat und weitere Verwaltungsleute. Sie zeigen Folien und stellen Pläne für eine sogenannte Umstrukturierungssatzung vor. Ein Instrument, um Bauanträge zurückzustellen und damit ein Druckmittel, um die Eigentümer*innen an den Tisch zu bekommen. Dass dies diskutiert wird, ist ein Erfolg der Mieter*innen, die sich hier seit über einem Jahr organisieren. Denn viele der Anwesenden haben ein drängendes Problem: steigende Mieten durch energetische Sanierungen. Mieter*innen aus dem Viertel waren schon zweimal mit ihren Fragen und Forderungen im Rathaus Neukölln, eine Mieterin hat die Einwohnerversammlung selbst beantragt. Gemeinsam haben sie eine Kundgebung und weitere Aktionen organisiert, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Unterstützt wurden sie von Anfang an durch Aktive der LINKEN.
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| Bevölkerung und Klassenpolitik. Gramscis hegemonietheoretische Annäherung an die Frage der Migration

Von Alex Demirovic

Die Migrationsfrage als Herausforderung für die Linke

Seit dem Sommer 2015 und der Nichtschließung der deutschen Grenzen für die zahlreichen Flüchtlinge vor allem aus dem Kriegsgebiet Syriens, die in Ungarn und Österreich sowie in den Balkanländern gestrandet waren, wird in der deutschen Öffentlichkeit wieder einmal erregt über die Fragen von Asyl und Einwanderung diskutiert und gestritten. Bereits Anfang der 1990er Jahre gab es einen Diskurs mit ähnlichen Frontstellungen. Nach der undemokratisch betriebenen Vereinigung der zwei deutschen Staaten wurde die große Zahl von Asylsuchenden vor allem aus Osteuropa von den konservativen Parteien und der Regierung offensichtlich genutzt, um eine nationalistische Stimmung zu erzeugen. Im Ergebnis wurde das Grundrecht auf Asyl 1993 faktisch abgeschafft; nach diesem Recht wurden 2017 weniger als ein Prozent der 600 000 gestellten Anträge bewilligt (vgl. taz, 9.8.2018).
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| Programmieren unter Zwang

Interview mit Björn Westergard

Seit Jahrzehnten versuchen Gewerkschaften Software-Ingenieur*innen zu organisieren, ohne großen Erfolg. Eine Organisierungskampagne in Kalifornien könnte das ändern.

Zu Beginn des Jahres feuerte die Tech-Firma Lanetix ihre gesamte Belegschaft von Software-Ingenieur*innen, weil diese versucht hatten sich in der Gewerkschaft NewsGuild-CWA zu organisieren. NewsGuild reichte daraufhin eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde für Arbeitsrechte ein, deren Ausgang noch ungewiss ist. Doch schon jetzt hat die Auseinandersetzung historisches Potenzial.
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| Trampelpfade statt Einbahnstraßen

Von Christoph Spehr

 

Warum sich Arbeitsmarktintegration an migrantischen Praxen orientieren sollte

»Reporting from the Front« war das Motto der Architekturbiennale, die von Mai bis November 2016 in Venedig stattfand. Globale Migration als fundamentales Muster und elementare Herausforderung zog sich als roter Faden durch die Ausstellung. Der deutsche Pavillon »Making Heimat – Germany, Arrival Country« war einer der herausragenden Beiträge. Gestaltet von der deutschen Architektin Anna Scheuermann und dem kanadischen Migrationsforscher Doug Saunders, illustrierte er anhand von acht Thesen, was eine erfolgreiche »Einwanderungsstadt« ausmacht. Einwanderungsstädte, »Arrival Cities«, sind Städte oder Stadtviertel, in denen besonders viele Zuwander*innen in den ersten kritischen Jahren nach ihrer Ankunft wohnen. Eine von Saundersʼ Thesen lautet: »Die Arrival City ist informell.« Denn die Einwanderungsstadt ist geprägt von Arbeitsverhältnissen, Geschäften und Unternehmen, die nicht unbedingt unseren Standards von Normalarbeitsverhältnissen entsprechen.
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| Online-Schwerpunkt: Was heißt Solidarität in Zeiten der Pandemie?

Nach wochenlangen Ausgangsbeschränkungen kehrt das öffentliche Leben zurück – eine prekäre Normalität. Während es in Europa ein gewisses Aufatmen gibt, gehen in anderen Teilen der Welt die Infektionen durch die Decke. Die Ärmsten haben kaum eine Chance, sich vor Ansteckung zu schützen und sind, wie eine neue Studie zeigt, auch hierzulande am stärksten gefährdet. Das Virus trifft nicht alle gleich: In Schlaglichtern zeigen wir, wie die Krise Ungleichheiten verstärkt: Trotz des Beifalls für die »Heldinnen der Nation« haben Entgrenzung und Selbstausbeutung im Care-Bereich zugenommen.
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